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13.07.2007 - Interview mit Jürgen Jansen


Während RWE in den letzten Jahren irgendwo zwischen Zweiter Bundesliga und Oberliga anzutreffen war, repräsentierte Jürgen Jansen die Stadt Essen immerhin über ein Jahrzehnt in der Ersten Bundesliga. Bis ins Jahr 2005 pfiff er im Profi-Bereich (142 Erst-/38 Zweitligaspiele), ehe ihm im Rahmen des Wettskandals vorgeworfen wurde, Spiele manipuliert zu haben. Das Ermittlungsverfahren wurde durch die Berliner Staatsanwaltschaft und das DFB-Sportgericht im Einvernehmen mit dem DFB-Kontrollausschuss eingestellt. Heute arbeitet Jürgen Jansen im Beobachterstab des DFB als Schiedsrichter-Coach. Vor kurzem stellte er sich den Fragen der Jawattdenn-Redakteure.


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Da Sie die Altersgrenze für Schiedsrichter erreicht haben, können Sie nicht mehr im Profibereich pfeifen. Nehmen Sie noch Aufgaben im Schiedsrichterwesen wahr?

Jürgen Jansen
Seit der letzten Saison bin ich in den Beobachterstab des DFB berufen worden. Ein aktiver Schiedsrichter wird zunächst in der Regionalliga, Oberliga oder Jugend-Bundesliga beobachtet und gecoacht. Dies habe ich im letzten Jahr getan. Mit der neuen Saison bin ich in den Kreis der DFB-Coaches für die Profiligen aufgerückt. Was mir persönlich sehr leid tut ist, dass RWE abgestiegen ist. Ich bin Essener und hege natürlich Sympathie und auch gute Kontakte zum Verein. Nun muss man wieder neu planen. Von Heiko Bonan halte ich persönlich viel. Ich denke, er ist der richtige Trainer um den sofortigen Wiederaufstieg zu realisieren. Rot-Weiss Essen gehört in die Bundesliga!


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Wie wird man denn eigentlich Schiedsrichter? Jeder weiß doch, dass der Schiedsrichter immer der Buhmann ist. Fans, Medien, Vereine, alle hauen drauf. Wie kommt es, dass man da gerne Schiedsrichter werden möchte?

Jürgen Jansen
Kaum jemand wird zunächst nur aus Freude an der Sache Schiedsrichter. Meistens wird man im Verein angesprochen. Ihr müsst euch das so vorstellen: Jeder Schiedsrichter, der heute pfeift, ist irgendwann einmal Fußballer in seinem Verein gewesen oder hatte dort eine andere Funktion, wie Ausbilder, Trainer oder Vorstand. Irgendwann wird man dann angesprochen. Jeder Fußballverein muss ja auch eine gewisse Zahl von Schiedsrichtern melden, damit er keine Verbandsstrafen bezahlen muss und natürlich selbst Schiedsrichter für eigene Spiele gestellt bekommt. Ich bin mit fünfzehn Jahren zusammen mit Roland Mildorf (SR-Betreuer bei Rot-Weiss Essen) angesprochen worden. Ich wollte das damals einfach mal ausprobieren, denn es bot ja auch einige Vorteile. So kam man mit dem "Sportgroschen" zu Spielen der Bundesliga oder konnte sich eben auch sein Taschengeld ein bisschen aufbessern. Dann kam ich in diese Gemeinschaft. Schiedsrichter sind eine sehr homogene Gruppe, da werden sehr viele Aktivitäten mit den Kollegen gemacht und Fahrten organisiert. Jeden Freitag findet zum Beispiel in der Sartoriusstraße ein Treffen statt. Nach einer gewissen Zeit macht das alles sehr viel Freude. Die Schiedsrichterei ist nachher ein absolutes "Muss". Wenn du dann am Sonntag kein Spiel pfeifst, dann fehlt dir etwas am Wochenende. So wie der Spieler spielen will, so braucht ebenso der Schiedsrichter es, ein Spiel zu leiten. So habe ich damals angefangen und auch schon ganz zu Beginn immer als Ziel gehabt, einmal die höchste deutsche Klasse im Amateurbereich zu erreichen, die Oberliga. Mit fünfundzwanzig hatte ich dieses Ziel geschafft. Der Weg dahin ist sehr schwer, auch bei Schiedsrichtern gibt es Auf- und Abstieg. Um im Profibereich Fuß zu fassen braucht man neben Fleiß und Durchhaltevermögen natürlich auch Glück und den richtigen Menschen an seiner Seite, der einen fordert und fördert. Es ist also wie im ganzen Leben. Es gehört immer auch viel Glück dazu. Ich würde das alles wieder so machen. Es waren wunderbare Erlebnisse, die ich hatte. Der Einstieg ist aber ganz banal, indem man im Verein angesprochen wird.


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Also überwiegen bei Schiedsrichtern schon die positiven Eindrücke? Als Fan bekommt man ja oft nur mit, dass Schiedsrichter beschimpft und beleidigt werden.

Jürgen Jansen
Ihr müsst euch mal vorstellen wie es ist, wenn man die höheren Ligen pfeift. Mein erstes Bundesligaspiel war 1993 Werder Bremen gegen den VfB Leipzig. Du läufst in so ein Stadion ein, in dem 30.000 Leute sind. Eins meiner Spiele war das Derby Dortmund gegen Schalke, wo Jens Lehman in der Nachspielzeit per Kopf den Ausgleich zum 2:2 erzielte. Oder auch das Derby 1860 gegen Bayern München, als Klinsmann drei Tore erzielte und Bodden und Kahn von mir des Feldes verwiesen wurden. Im Nachhinein kann ich sagen, dass es eine wunderbare Zeit mit tollen Erlebnissen war, die mir keiner nehmen kann. Ich hab ja noch Leute gepfiffen wie Thomas Helmer, Klaus Augenthaler, Fredi Bobic oder Lothar Matthäus um nur einige zu nennen, die heute gar nicht mehr aktiv sind. In meinen 13 Jahren war ich auch international in ganz Europa als 4. Offizieller im Einsatz. Das sind schon tolle Erlebnisse. Auch der vorhandene Kontakt zu Fußballgrößen ist hier sicher zu erwähnen. Franz Beckenbauer kam beispielsweise vor den Spielen immer in die Kabine und hat die Schiedsrichter begrüßt. Wenn man es nach oben schafft, ist das schon toll. Es schaffen ja nur die Wenigsten. Du hast von ca. 80.000 Schiedsrichtern in Deutschland gerade einmal zweiundzwanzig, die in der Bundesliga pfeifen.


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Als Schiedsrichter muss man auch Situationen pfeifen, die man selbst nicht bestrafen möchte. Zum Beispiel das Trikot ausziehen und "auf den Zaun klettern" der Spieler nach dem Tor. Ärgert man sich hier nicht als Schiedsrichter, so einem Spieler dann eine Karte zeigen zu müssen?

Jürgen Jansen
Das International Board der Fifa macht die Fußballregeln weltweit. Der Schiedsrichter bewertet das nicht, er handelt danach. Die Regeln gelten für alle. Warum machen die so etwas? Am Beispiel "Trikot ausziehen": Hintergrund ist hier, dass es in arabischen und afrikanischen Ländern gesellschaftlich nicht toleriert wird, wenn ein Spieler sich das Trikot auszieht, sich also entblößt, da sich auch Frauen im Stadion befinden. Die Fifa als Weltorganisation muss auf solche Probleme natürlich reagieren. Die Verwarnung gegen einen Spieler, der auf den Zaun klettert hat den Grund, dass man der Gewalt im Stadion entgegenwirken möchte. Die Topligen haben hier eine Signalwirkung für untere Klassen. Wenn ein Spieler auf den Zaun klettern darf, tun das viele Fans eben auch. Der Spieler hat hier einen Vorbildcharakter. Ich habe schwierige Spiele geleitet, wie z. B. Energie Cottbus gegen Hertha BSC Berlin, da waren hunderte Leute auf den Zäunen und haben Raketen gezündet. Das Spiel war mehrere Minuten unterbrochen und stand kurz vor dem Abbruch. Ein weiteres Spiel, welches ich geleitet habe war Hansa Rostock gegen den FC St. Pauli, wo damals im Ostseestadion sowohl Spieler von St. Pauli als auch mein Assistent Dirk Margenberg durch Tränengas beeinträchtigt wurden. Ich habe das Spiel noch zu Ende führen können, aber das war schon eine problematische Situation. Sie sehen, die Maßnahmen der Fifa haben immer auch einen Hintergrund. Wir Schiedsrichter handeln dann danach. Beim Trikot ausziehen kann man sicherlich geteilter Meinung sein, aber das Besteigen des Zaunes halte ich für durchaus gelbwürdig. Man kann sich ja auch auf dem Feld schön freuen, ohne unbedingt Zäune zu erklimmen. Vereine und Spieler wissen, dass es verboten ist.


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Gibt es Unterschiede, wie ein Schiedsrichter mit einem Spieler spricht, also z.B. ob jung oder alt oder bei Stars wie Matthäus?

Jürgen Jansen
Zunächst einmal begegnet man jedem Spieler gleich. Man hat aber in jeder Mannschaft Führungsspieler wie eben Matthäus, Eilts oder Klinsmann. Ein guter Schiedsrichter erkennt die Führungsspieler schnell. Ich habe als Schiedsrichter immer versucht, ein Spiel zu lesen und bin deshalb auch ganz gut klar gekommen. Ich habe die Führungsspieler rechtzeitig auf bestimmte Situationen hingewiesen. In jeder Mannschaft habe ich mir maximal zwei Gesprächspartner herausgesucht und denen gesagt, wenn ein Mitspieler beispielsweise kurz vor einem Feldverweis stand. Der Führungsspieler geht dann zu seinem Mannschaftskameraden hin und sagt "Hör mal, der Jansen hat gesagt…". Das ist eine Taktik, die man sich selbst herausarbeitet. Im Profifußball herscht schon eine harte Gangart und auch eine harte Sprache. Da geht es zur Sache. Es wird nicht beleidigt, aber es fallen von beiden Seiten schon mal raue Worte. Es ist für einen Schiedsrichter sehr wichtig, die richtigen Worte zur rechten Zeit zu finden, sonst kommst du in die Situation, nur mit Karten operieren zu können. Wenn ich mit Spielern verbal einmal zu Recht komme, brauche ich keine Karten mehr. Der Spieler weiß genau was ich will. Das ist es, was die Besten von den anderen guten Schiedsrichtern unterscheidet.


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Bereitet sich ein Schiedsrichter speziell auf Partien vor? Sucht sich der Schiedsrichter beispielsweise Spieler heraus, die mehrfach eine Schwalbe begangen haben?

Jürgen Jansen
Zunächst einmal müsst ihr davon ausgehen, dass ein Schiedsrichter genauso Fußballfan ist, wie jeder andere Zuschauer auch. Wir nehmen die Dinge genauso wahr, weil wir uns ja sehr intensiv mit der Materie beschäftigen. Von unseren Spielen bekommen wir immer Videoaufzeichnungen und man schaut natürlich auch die Sportsendungen. Außerdem erhalten Schiedsrichter auch Zusammenstellungen bestimmter Szenen in einer Saison. Jeder bemüht sich objektiv zu sein. Aber natürlich spielt sich im Unterbewusstsein auch bei Schiedsrichtern etwas ab. Wenn ein Spieler in letzter Zeit aufgefallen ist, dann ist es sicher nicht auszuschließen, dass man in einer Situation unterbewusst reagiert. Aber gezielt gibt es so was nicht. Es ist sehr wichtig, dass der Schiedsrichter körperlich & mental topfit ist! Auf dem Platz geht schließlich alles sehr schnell. Hier ist eine professionelle Vorbereitung unabdingbar.


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Wie läuft die Zusammenarbeit zwischen Schiedsrichter & Assistenten ab? Da verändert sich momentan einiges.

Jürgen Jansen
Der Schiedsrichterassistent wird immer mehr bei der Entscheidungsfindung hinzugezogen. Er hat viel mehr Möglichkeiten, auch in die Spielsituationen einzugreifen. Es gibt heutzutage keine Entscheidung mehr, die der Schiedsrichterassistent nicht beeinflussen kann. Wir haben beim letzten DFB-Pokalfinale eine solche Situation gesehen. Da hat der Assistent dem Schiedsrichter die Tätlichkeit eines Stuttgarter Spielers angezeigt und dieser wurde dann korrekt vom Platz gestellt. Das wurde von den Medien nachher kritisiert, da es nur ein Versuch oder ein "Wischer" gewesen sei. Das war aber eine klare Tätlichkeit. Es ist dabei egal, ob der Spieler den Gegenspieler nun richtig trifft oder dieser sich gerade noch abwenden kann. Die Regeln sind da ganz eindeutig. Der Versuch ist auch strafbar. Deshalb hat der Assistent auf die Tätlichkeit hingewiesen. Die Assistenten werden immer stärker eingebunden bei der Absprache und der Vorbereitung. Die Schiedsrichter und ihre Assistenten reisen vor jedem Bundesliga- oder Europapokalspiel am Vortag an. Man ist hier fast immer mit den gleichen Kollegen im Einsatz, die einen hohen Ausbildungsstand und große Erfahrung mitbringen. Man bespricht sich und entwickelt für die Spielleitung eine Strategie. So weiß jeder die Handzeichen des Anderen zu deuten. Funkkontakt und was da jetzt noch so kommt sehe ich eher kritisch. Ich denke man sollte es so lassen wie es ist. Sonst haben wir irgendwann Situationen wie im American Football. Das mag ja sein, dass es dort normal ist. Beim Fußball, denke ich, gehört es dazu, dass ein Spieler aus zwei Metern am leeren Tor vorbei schießt wie auch dass der Schiedsrichter mal eine Fehlentscheidung trifft. Wenn man da zu viel verändert, schadet das meiner Meinung nach dem Fußball.


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Wie ist denn der Einfluss der Fans von den Rängen auf den Schiedsrichter? Schafft man es als Schiedsrichter, das so auszublenden, dass man ungestört arbeiten kann auf dem Rasen?

Jürgen Jansen
Du bekommst in so manchem Stadion einen Adrenalinstoß. Ich nehme zum Beispiel Dortmund. Da kommst du auf das Spielfeld und siehst nur noch diese Menschenwand vor Dir. Im ersten Moment hast du da natürlich auch schon einen erhöhten Blutdruck und Adrenalinausstoß. Das ist ganz normal und gehört dazu. So ergeht es den Sportlern und das muss ein Schiedsrichter genauso erleben vor über 80.000 Zuschauern im Stadion. Derbys wie Dortmund gegen Schalke, HSV gegen Bremen oder 1860 gegen Bayern sind immer besonders brisant. Du bist hochkonzentriert, pfeifst das Spiel an und stellst erstmal fest, dass du deinen eigenen Pfiff nicht hörst. Das bedeutet, dass man nach dem Anpfiff die Umgebung nahezu komplett abschaltet. Natürlich bekommt man noch mit, wenn Zuschauer pfeifen oder den Schiedsrichter in irgendeiner Form negativ bekunden. Das belastet dich als Schiedsrichter aber absolut nicht. Auch insoweit werden wir durch den DFB geschult und behutsam aufgebaut.


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Man fühlt sich als Schiedsrichter also auch in Stadien mit erhöhter Brisanz auf den Rängen wie Dresden oder Rostock sicher und lässt sich davon nicht beeinflussen?

Jürgen Jansen
Als Aktiver habe ich nie daran gedacht, dass mir etwas passieren könnte. Ich habe auch viele brisante und wichtige Spiele geleitet. Grundsätzlich müssen immer Entscheidungen, auch knifflige, schnell & spontan getroffen werden. Dies passiert in einem Bruchteil einer Sekunde. Du hast gar nicht die Zeit, darüber nachzudenken. Das kann man mit dem Autofahren vergleichen. Wenn vor mir ein Wagen bremst, sehe ich das und kann nicht lange überlegen, ob ich auch bremsen soll. Je erfahrener der Autofahrer wird, umso mehr läuft automatisch ab. So ist es beim Schiedsrichter auch. Sicher hast du Zeit, kurz zu überlegen, aber eben nicht, ob dir etwas passieren könnte. Kein Schiedsrichter im Profifußball geht mit Angst in ein Spiel. Ich hab mich da immer sicher gefühlt. Stadien wie Aachen oder Essen sind natürlich für Schiedsrichter kein leichtes Pflaster. Aber ich persönlich mag diese Stadien. Du hast natürlich auch Stadien, wo es eher ruhig zugeht. Die Zuschauer sitzen da und applaudieren bestenfalls ein bisschen. Da hast du keine Stimmung, da ist nichts los. Ich habe immer Stadien gemocht, in denen viel los war. Der Tivoli zum Beispiel. Dort habe ich mal Aachen gegen Köln gepfiffen. Ich hatte nie Angst vor umherfliegenden Raketen. Das waren in erster Linie tolle Erlebnisse.
Natürlich hat man als Zuschauer auch schon mal Sorge, wenn man die aktuellen Ausschreitungen in den Stadien betrachtet. Aber man sieht ja aktuell am Beispiel des Spiels in Dänemark gegen Schweden, wo Herbert Fandel von einem Fan angegangen wurde, wie energisch die FIFA und Gerichte diese Täter verfolgt. Dieser Mensch wird auf keinen grünen Zweig mehr kommen. Man sieht also, dass immer etwas passieren kann. Als Schiedsrichter nimmt man dies aber in Kauf.


<<weiter zu Teil II >>



Das Interview führten Hendrik Stürznickel, Martin Noll und Anja Offermann

 







   

     

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