Vorschau Teil 1: 15. Spieltag | Rot-Weiss Essen -
1. FC Köln II
HENNES oder: Ein Ziegenbock
in der Endlosschleife der Reinkarnation
Hallo! Mein Name ist Hennes, Geißbock Hennes,
meines Zeichens amtierendes Maskottchen im Dienste
seiner Majestät Prinz Poldi, der Letzte. Ich
bin ganz geschüttelt
äh
gerührt,
dass ich an dieser Stelle zu Wort kommen und vorab
die Blicke auf das Spiel von RWE gegen unsere zweite
Geißbockelf lenken kann.
Stellt euch vor, man hat mich nummeriert! Wie einen
Papst. Oder wahrscheinlicher noch wie
einen Karnevalsprinzen. Hennes VII. nennt man mich.
Als ob es schon viele meiner Art vor mir gegeben hätte.
Aber die irren sich. Alle irren sie sich. Ich bin
einmalig! Ja, tatsächlich, mich gibts nur
ein einziges Mal. Wie das?, werdet ihr
fragen. Ich wills euch verraten. Reinkarnation
(sprich: Re - Inkarnation) heißt das Stichwort
alles reine Reinkarnation. - Wiedergeburt
auf gut Deutsch.
Was das ist? Nun, der Gedanke einer immer wiederkehrenden
Verkörperung ist hauptsächlich im Hinduismus,
aber auch in anderen Religionen beheimatet. Er geht
davon aus, dass sich die Seele nach dem Tod vom Körper
trennt, auf Wanderschaft begibt und dann in irgendeiner
Form wiederverkörpert. In jedem neuen Leben geht
es darum, Fehler und Unzulänglichkeiten des vorherigen
Lebens wieder gut zu machen und sich dadurch Stufe
um Stufe höher zu entwickeln, bis man schließlich
für ewig perfekt, vollkommen, vollendet ins herrliche
Jenseits gehen darf.
Das also ist mein Schicksal. Mich gabs schon
öfter und inzwischen befinde ich mich in meinem
siebten Leben. Doch gerade das macht mich stutzig.
Irgendwie funktioniert das mit der steten Höherentwicklung
bei mir nicht. Immer komme ich als Ziegenbock zur
Welt. Ich trete auf der Stelle. Als wenn die Reinkarnation
eine Endlosschleife hätte.
Mit Hennes I. fing alles an. 1951 feierte der 1. FC
Köln Karneval im Zirkus. Die Zirkuschefin überreichte
der Mannschaft einen kleinen Geißbock. In den
Armen von Hennes Weißweiler pinkelte ich dem
vor lauter Aufregung erst mal ins Hemd. Hennes, die
Institution war geboren. Fortan war ich das Maskottchen
des 1. FC, ziere das Vereinswappen und versuche darauf
dauernd (vergeblich) über die beiden Domtürme
zu springen. Als Hennes II. war ich kein Fußballfan.
Vor dem Stadion zitterte ich und drinnen bockte ich.
Der erste reinkarnatorische und evolutionäre
Rückschlag. Hennes III. hat man ermordet. Stellt
euch vor! Einfach vergiftet! Die Kripo konnte den
Fall nie aufklären. Da hat man mich dann ausgestopft,
um mich für die Ewigkeit zu konservieren. Aber
denen habe ich ein Schnippchen geschlagen. Die haben
nicht mit Reinkarnation gerechnet.
Als Hennes IV. war ich bald wieder da. Das war der
unbestrittene Höhepunkt meiner Geißbockkarriere.
Ich erlebte 1978 die Meisterschaft und den Pokalsieg,
durfte sogar die Triumphfahrt durch die Stadt mitmachen.
Hennes V. wurde mit der großen Bürde seines
Vorgängers nicht fertig. Im Stadion warf ich
trotzig die rotweiße Decke ab. Hennes VI.
ein trauriges Bild gab ich in dieser Gestalt ab. Ich
war ganz rappelig, zog an der Leine, litt unter Krämpfen.
Man musste mich einschläfern.
Nun bin ich Hennes VII. Seit 10 Jahren schon begleite
ich inzwischen das Auf und Ab des FC. Ob meine schwankende
Lebensgeschichte, die ständigen Fortschritte
und Rückschläge in meiner reinkarnatorischen
Entwicklung, auf den Verein abfärben? Manche
Ab- und Wiederaufstiege habe ich erlebt. Aber davon
könnt ihr Essener ja auch ein Lied singen.
Kürzlich besuchte mich Stefan Raab von TV-Total
bei meinem Bauern Willi Schäfer in Widdersdorf.
Der fragte doch tatsächlich, ob man mich melken
kann. Was denkt der sich? Pfff! Der hat vielleicht
'nen Kopfstoß von mir bekommen. Doch nicht genug
damit. Das Interview wurde noch ganz peinlich für
mich. Stefan Raab blödelte rum, machte ein paar
Wortspiele. Er sprach von keinen Bock haben
und von geilen Böcken. Ob ich eigentlich
ein geiler Bock sei, fragte er meinen Bauern. Der
und geil?, fragte mein Bauer zurück und
stellte mich dann vollends bloß: Der ist
doch geschnitten! Pfff! Nun wisst
ihrs. Man hat mich meiner Männlichkeit
beraubt. Doch das hat auch zwei Vorteile. Bei den
ständigen Sprungversuchen über die Kölner
Domtürme bleibt man manches Mal hängen.
Jetzt muss ich nicht mehr so Acht geben. Und das andere
man hat mich schon verdächtigt. Wieso
reinkarniere ich ständig als Bock, und nie als
Ziege? Ob das mit dem Ruf meiner Heimatstadt zusammen
hängt als Hauptstadt der
ach, lassen wir
das! Jedenfalls sind diese Gerüchte nun vom Tisch.
Oh, dieses unsägliche Geißbockleben! Ich
möchte mal raus!
Es gab Versuche, mich zu kopieren. Sie scheiterten
alle. Weder ein Bock namens Pico bei Werder Bremen,
noch die gefüllten Stofftiere anderer
Vereine, angefangen vom Zwei-Mann-Zebra beim MSV über
Fritzle, dem Kroko beim VfB, bis zum Löwen der
Sechziger, konnten mir den Hafer reichen. Ich bin
halt einmalig. Sagt mal, hattet ihr Essener nicht
vor langer Zeit ein Pony? Wo ist das denn abgeblieben?
Also, ich würde mich bei den zahlreichen Bratwurstverkäufern
rund um euer Stadion erkundigen, deren Produkte ihr
sonst so sehr lobt. Vielleicht steige ich in meinem
nächsten Leben ja doch eine Stufe höher
und bin das nächste Pony in euren Reihen.
Zum Spiel unserer Zweiten komme ich voraussichtlich
nicht mit. Leider! Die Zweite will mich nicht als
Maskottchen. Ich sei extrem gelbgefährdet, behaupten
sie. Wegen Meckerns! Pfff! Aber euch zum Trost: Prinz
Poldi kommt auch nicht. Der ist weder Rekonvaleszent,
noch muss er als Aufbauspieler an das Profiteam herangeführt
werden. Der tut euch diesmal keine zwei Dinger kurz
vor Schluss ins Netz. Inzwischen spielen ja unser
Andre Maczkowiak und unser Ferhat Kiskanc bei euch.
Wie machen die sich denn? Erzählt mal bei Gelegenheit!
Ansonsten wünsche ich euch und uns ein schönes
und spannendes Spiel.
Mä.ä.ä.ä.ächts gut!
Euer Hennes
(ks)
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