Spielbericht: 32. Spieltag | Rot-Weiss Essen - SG
Wattenscheid 09
Auf der Suche nach Erklärungen
Ganz bittere 0:1 Niederlage gegen Wattenscheid
09
Wenn eine Serie von 14 gewonnen Heimspielen in
Folge zu Ende geht, kann man schon mal nach den Gründen
fragen. Warum passiert dies ausgerechnet gegen die
abstiegsbedrohten Wattenscheider? Wieso kassiert Essen
eine Niederlage nach einem fulminanten Auswärtsauftritt
in Osnabrück? Auf diese Fragen lassen sich zunächst
schwer Antworten finden. Wo logische Erklärungen
gefragt sind, bleibt zunächst Sprachlosigkeit.
Doch zwei Dinge fallen jedem Fußballfan sofort
ein: Eine Reihe von Kraftausdrücken und eine
Unmenge von inhaltsleeren Floskeln, die aber in einer
solchen Situation oft helfen können, ein Spiel
mit unerwarteten Ausgang zu beschreiben.
1. "Die Schuld liegt zunächst immer bei
einem selbst!
Da wir als RWE- Fans natürlich immer selbstkritisch
sind, fangen wir erstmal an, das eigene Spiel zu analysieren.
In der 1. Halbzeit war Rot-Weiss bemüht, Druck
auf das Wattenscheider Team auszuüben. Doch der
Versuch eines Spielaufbaus war vor allem durch Ideenlosigkeit
geprägt. Die Kreativabteilung unter Haeldermans
und Bilgin konnte wenig bis gar keine Akzente setzen,
zu oft wurde der Weg zum Ziel über die Mitte
gesucht. Die Abwehr um Stefan Lorenz war wie so häufig
sicher, dennoch wurde auch hier nicht das Spiel nach
vorne aufgebaut, wie es in Osnabrück der Fall
war. Stattdessen wirkte die gesamte Mannschaft nicht
so fit und spritzig wie in den letzten Spielen, so
dass der Angriff im Mittelfeld stecken blieb. Die
Außenspieler waren während des ganzen Spieles
abgemeldet. Ergaben sich doch Chancen, z. B. durch
Boskovic, der Mitte der 1. Halbzeit aus knapp 16 Metern
frei zum Schuss kam, wurden diese wenigen Gelegenheiten
nicht genutzt. Die beste Chance hatte wohl der wieder
genesene Alex Löbe in der 83. Minute, der aber
am Torwart scheiterte. Gerade ein Spitzenteam sollte
daraus mehr machen. Hier trat eine andere Mannschaft
auf als in den letzten Spielen, dennoch hätte
es zu einem Punktgewinn reichen können. Aber
es gibt ja schließlich noch weitere Gründe.
2. "Man ist nur so stark, wie es ein Gegner
zulässt!
Auch wenn man die folgenden Zeilen mit Verwunderung
liest, so muss man anerkennen, dass mit Wattenscheid
nicht der schlechteste Gegner der letzten Wochen zu
Gast war. Die Elf aus der Nachbarschaft trat mit Selbstbewusstsein
auf, frei nach dem Motto: Man hat ja nichts
zu verlieren!. Eine sehr disziplinierte schwarz-weiße
Truppe mit einer sehr geordneten Defensivabteilung,
tollem Engagement und spürbarem Drang nach vorne
durch gefährliche Konter. Trotzdem könnte
man ja anmerken, dass das Team von der Lohrheide nicht
zu Unrecht eine Position in den unteren Tabellenregionen
eingenommen hat. Dies war in diesem Spiel vor allem
durch eine relativ hohe Fehlpassquote und technischen
Mängeln erkennbar. Aber bekanntlich kann der
richtige Einsatz Berge versetzen. So war es auch nicht
unverdient, dass eine clevere Wattenscheider Mannschaft
durch einen hart geschossenen Freistoss von Özkaya
aus rechter Position in der Nähe des Strafraumecks
zum späten Siegtreffer kam.
3. "Der Schiedsrichter hat immer Recht!"
Nur zu gerne möchte man dieser Aussage Glauben
schenken. Der Schiedsrichter Michael Kempter und sein
Gespann machten den Eindruck, als ob das Spiel für
sie wichtiger ist als für die beiden Mannschaften.
Ansonsten war die übertriebene Aggressivität
in der Gestik von Herrn Kempter kaum zu erklären.
Schon sehr früh macht er allen Akteuren klar,
wer der eigentliche Chef auf dem Platz ist. Wollte
sich da jemand für höhere Aufgaben empfehlen?
Seine kleinlichen und unsicher wirkenden Entscheidungen
machten jeden Ansatz eines Spielflusses zunichte.
Nach dutzenden Ermahnungen musste er dann auch mal
zur gelben Karte greifen, die Michael Bemben für
ein völlig harmloses Foul erhielt. Danach machte
Herr Kemper im nächsten Angriff mit Ermahnungen
weiter. Es ist immer schade, wenn ein Schiedsrichter
mehr Unruhe im Spiel bringt als nötig. Aber:
Die Schuld alleine beim Unparteiischen zu suchen ist
zu einfach und in diesem Fall auch überzogen.
Schließlich mussten auch beide Teams mit ihm
auskommen (oder unter ihm leiden).
4. "Alles Gute kommt von oben!"
Absolut falsch. War der Rasen des Georg-Melches-Stadions
noch der beste Freund in den letzten Wochen, erwies
er sich diesmal als schwer zu überwindendes Hindernis.
Durch den Regen der letzten Tage war die Spielfläche
sehr glatt, zudem sorgten starker Wind und Regen für
schwierige Verhältnisse im Spiel. Aber gerade
in jüngster Vergangenheit war es die Mannschaft
von der Hafenstrasse, die solche Gegebenheiten für
sich nutzen konnte. Doch diesmal bereitete das schlechte
Wetter auch den Rot-Weissen enorme Probleme. Trotzdem
gilt hier dasselbe wie bei Punkt 3: Beide Mannschaften
mussten unter denselben Bedingungen spielen.
5. "Der 12. ist der wichtigste Mann!"
Knapp 15.000 Zuschauer bei schlechtem Wetter und ein
möglicher Absteiger zu Gast: Die Hafenstrasse
erlebte wieder einmal eine absolut zweitligareife
Kulisse. Dies muss aber nicht immer gute Stimmung
bedeuten. Doch gestern war der so oft geforderte positive
Support wieder da: Keine Pfiffe begleiteten das Team
durch das Spiel, sondern aufmunternde Gesänge
und aufpeitschende Schlachtrufe. Auch nach dem Ende
wurde die Mannschaft mit verhaltenem Beifall verabschiedet,
den sie sich aufgrund der letzten Leistungen auch
verdient hat. Die Stimmungskurve zeigt ganz leicht
nach oben, wahrscheinlich das positivste Resultat
aus einem Grottenkick gegen Wattenscheid.
6. "Abgerechnet wird am Saisonende!"
Diese Aussage hat womöglich den höchsten
Wahrheitsgehalt. Sicherlich ist die Niederlage gegen
Wattenscheid ärgerlich und unerwartet. Ob sie
allerdings auch ein Rückschlag ist, werden die
weiteren Ergebnisse dieses Spieltags und die Reaktion
des Teams in den nächsten Spielen zeigen. Die
anschließenden Partien bis zum Schlager gegen
St. Pauli werden gegen Teams bestritten, welche auch
noch gegen den Abstieg spielen und ebenso kämpfen
werden. Dennoch ist der RWE in der Lage, diese Teams
zu besiegen. Und dann braucht man auch nicht mehr
auf leere Floskeln zurückzugreifen, um ein Resultat
zu erklären.
(pd)
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Tore
0:1 Orhan Özkaya (79.)
Rot-Weiss Essen
Maczkowiak - Bemben, M. Lorenz, S. Lorenz, Stefulj
- Lorenzon (81. Löbe) - Bilgin (78. Kiskanc),
Younga-Mouhani (62. Calik), Haeldermans - Boskovic,
van Lent
SG Wattenscheid 09
Joswig - Kushev - Matlik, Dragowich - Rietz, Anagnostou,
Matarazzo, Katriniok - Terranova (90. Ohnesorge),
Özkaya - Toborg (88. Cornelius)
Gelbe Karten
Bemben, Stefulj (Essen) / Katriniok (Wattenscheid)
Schiedsrichter
Michael Kempter
Zuschauer
14.631
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