12.09.2006 - Kommentar zu den Fangesängen im
Spiel gegen Energie Cottbus
Hexenjagd olè!
Nun ist er geändert und verabschiedet, der ominöse
Anti-Diskriminierungsparagraph. Dahinter verbirgt
sich der § 9 Diskriminierung und ähnliche
Tatbestände der Rechts- und Verfahrensordnung
des DFB. Darin heißt es unter anderem, dass
Vereinen, deren Spieler, Offizielle und wohlgemerkt
auch Fans sich zu rassistischen und somit diskriminierende
Äußerungen herab lassen, Punktabzüge,
Platzsperren und in besonders hartnäckigen Fällen
auch der Zwangsabstieg drohe. So weit so gut, in einem
modernen und seit der WM auch in der öffentlichen
Wahrnehmung auch weltoffenen Land wie Deutschland,
gehört Rassisten die Rote Kate gezeigt!
Leider scheint man diese Entwicklung nun zum Anlass
zu nehmen, um undifferenzierte Hexenjagden auf die
Anhänger der Vereine zu starten. Hat man sich
als Fußballfan mittlerweile daran gewöhnt
und sogar langsam damit arrangiert, dass z.B. das
Zündeln mit Bengalos, bis in die 90er Jahre noch
fester Bestandteil eines stimmungsvollen Flutlichtspiels,
heutzutage als kriminelles Delikt angesehen wird und
Zuwiderhandlungen auch in der Presse offen und unverhohlen
als Hooliganismus abgestempelt werden, so erreichen
solche Verunglimpfungen der Fankultur nun eine neue
Qualität.
Derjenige, der im Stadion buht und pfeift, wird zum
Rassisten abgestempelt, wenn denn seine verbalen Liebkosungen
einen Spieler mit dunkler Hautfarbe treffen. Um eines
klar zu stellen, sollte die Hautfarbe des Akteurs
Grund für dieses Verhalten sein, ist das durch
nichts zu entschuldigen und zu tolerieren. Warum aber
z.B. Freiburger Fans einen rassistischen Akt darin
sehen, dass RWE-Fans den dunkelhäutigen SC-Spieler
Pitroipa bei dessen Gastspiel an der Hafenstraße
auspfeifen, nachdem er den Essener Keeper Karim Zaza
mit einer unschönen und überflüssigen
Attacke hätte schwer verletzen können, wird
deren Geheimnis bleiben. Im Freiburger Forum entblödete
man sich darüber hinaus auch nicht, vom DFB für
dieses Verhalten Konsequenzen zu fordern.
Für das der Essener Anhänger, um es genau
zu sagen.
In ähnlicher Art und Weise agierte nun der FC
Energie Cottbus nach der 0:1 Niederlage in der ersten
Hauptrunde des DFB-Pokals an der Hafenstraße.
Francis Kioyo, für einen Großteil der Essener
Fanszene nach seinem unglücklich zu nennenden
Auftritt im RWE-Trikot ein rotes Tuch, wurde bei jedem
seiner Ballkontakte, davon gab es übrigens nicht
all zu viele, ausgepfiffen. Darüber hinaus, das
wollen wir nicht verschweigen, gab es Kioyo,
A
.loch!-Gesänge. Das ist nicht die
feine englische Art, aber auch kein Delikt, sondern
die normale raue Gangart beim Fußball. Schließlich
war der Spieler mit etlichen kleinen Skandälchen,
so z.B. durch wiederholte Prügeleien mit Mannschaftskameraden
in die Vereins-Analen eingegangen.
Mitte der zweiten HZ zog sich dann Schiedsrichter
Peter Gagelmann den Zorn der Essener Anhänger
zu. Nach etlichen harten Fouls der Cottbuser ließ
der Unparteiische die gelbe Verwarnungskarte für
die Fan-Geschmäcker diesmal nun endgültig
zu oft in der Hosentasche. Die Folge davon waren deutlich
vernehmbare Hängt sie auf, die schwarze
Sau!-Gesänge. Auch das ist nicht jugendfrei
und sicherlich grenzwertig, wirklich überschritten
wird die Grenze jedoch dann, wenn später in der
Cottbuser-Berichterstattung daraus eine üble
Rassismus-Kampagne gegen den Spieler Kioyo gemacht
wird. Die dafür genannte Begründung, Gagelmann
habe nicht schwarz, sondern gelb getragen, ist nur
auf den ersten Blick logisch.
Auf den zweiten muss man einfach konstatieren, dass
das unabhängig von der Arbeitskleidung des Schiedsrichters
seit Jahrzehnten zum mehr oder minder unschönen
Liedgut in Stadien gehört. So auch diesmal. Kioyo
selbst übrigens erklärte sich die Haltung
der Essener Fans damit, dass es der pure Frust sei,
dass er der beste Spieler des Zweitligakaders nicht
mit in die dritte Liga gegangen sei. Auch dafür
kann man nur Kopfschütteln erübrigen, anscheinend
leidet Herr Kioyo unter einer fortgeschrittenen Form
von Alzheimer, was man ihm bereits nach seinen Stationen
beim 1. FC Köln und 1860 München ebenfalls
bescheinigte.
Für Spieler, die die gelbe Karte für einen
Gegenspieler fordern, ist laut DFB-Statut dieselbige
vorgesehen. Dieses Prinzip sollte auch in Zukunft
in punkto Anti-Rassismus angewandt werden. Wer undifferenziert
und unüberlegt andere Fangruppen zu Rassisten
stempeln möchte, der sollte für sein intolerantes
Verhalten ebenfalls Konsequenzen zu befürchten
haben. Leute, die Menschen aufgrund anderer Herkunft
und Hautfarbe beleidigen verletzten die Grundwerte
unserer Gesellschaft. Leute, die all zu oft die Rassismus-Keule
schwingen allerdings auch.
Vielleicht wird der neue Paragraph aber auch noch
ganz andere Auswüchse erleben, wenn das Gefühl,
rassistisch beleidigt worden zu sein,
im Gedanken an Punkte am grünen Tisch mündet
und mundet.
Sven
Meyering
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