Komm, Ralf, setzt dich mal zu uns! Wir müssen
mit dir reden. Loddar Saltatorius zupfte den
Präsidenten sanft am Ärmel und zog ihn vom
Tresen weg hin zum Stammtisch, wo sich Geschäftsführer
Nikolaus Hirte und Idol Erpel Leppins
bereits angeregt unterhielten.
Hallo, Ralf! Setzt dich!, grüßte
Willi den Neuankömmling.
Also, Ralf - Nicki Hirte zog einige
Kuverts aus seinem Jackett - ... wir sind der
Ansicht, du brauchst einen Freund!
Aber ich hab doch euch.
Schon klar! Wir dachten aber an eine sogenannte
Präsi-Freundschaft oder Managerfreundschaft.
Unsere Anhänger haben ja auch Fanfreundschaften.
Und wir meinten, es ist an der Zeit, dass wir etwas
Gleichartiges auf höhere Ebene installieren.
Wozu soll das gut sein? Wie stellt ihr euch
das vor?
Das kann einige Vorteile mit sich bringen,
mischte sich Loddar in das Gespräch ein. Gegenseitiger
Austausch von Erfahrungen, Unterstützung in kniffligen
Situationen, aktive Kooperation in der Wahrnehmung
der Vereinsführung oder einfach nur moralische
Aufmunterung, wenn deine Stimmung mal im Keller ist.
Möglichkeiten gibts viele.
Das hat was für sich., nickte Hummelmann,
dem der Gedanke ganz gut gefiel. Nur
ich kann mir nicht vorstellen, mit wem ich freundschaftliche
Kontakte knüpfen kann.
Siehste, Ralf, dafür haste uns!,
lächelte Nicki. Wir haben schon ein wenig
vorgefühlt, eine Ausschreibung gemacht und die
Antworten vorsortiert. Drei Kandidaten sind in die
engere Wahl gekommen. Willste wissen, wer die sind?
Na klar! Schieß los!
Nicki hielt ihm drei Briefumschläge unter die
Nase. Zieh einen!
.
Geh! Da schau her! Der Franz!
Hummelmann schien richtig amüsiert. Dass
der sich überhaupt mit uns abgeben will.
Na, das hat schon seinen Preis. So einfach läuft
das nicht., deutete Willi Leppins vorsichtig
gewaltige Hürden an, die es zu überwinden
galt.
Die Bayern haben etwas vor., ergänzte
der Heuschreck vom Niederrhein. Erinnerst du
dich, dass die von der Bundesliga mal die Nase voll
hatten? Das sei doch alles unter ihrem Niveau.
Die Bayern hätten andere Gegner verdient,
hieß es.
Ich erinnere mich. Ich glaube, die hatten zwei
Varianten im Blick. Entweder wollten sie in der italienischen
Serie A spielen oder sie planten die Bildung einer
Europaliga. Aber daraus wurde bisher nichts.
Und trotzdem haben sie das Projekt noch nicht
verworfen, behauptete Erpel. Ich
könnte ihnen einen Vorschlag machen. Ich hab
mal das Gerücht gehört, die Schweizer und
die Österreicher wollen den Spielbetrieb ihrer
Ligen fusionieren. In so einer Alpenliga hätten
die Bayern auch gut Platz.
Was auch immer, die Bayern haben ihre Pläne
noch nicht begraben. fuhr Loddar fort. Hochnäsig
wie sie sind, wollen sie aber den Fuß nicht
aus der Tür des Deutschen Fussballs nehmen. Ihre
zweite Mannschaft soll im Ligabetrieb bleiben. Allerdings
nicht so niedrig klassiert wie in der Regionalliga.
Bayern II darf aber nicht aufsteigen. Was also tun?
Sie suchen die Kooperation mit einem renommierten
und ambitionierten Verein um beide miteinander höherklassig
zu etablieren.
Das hat doch einen Haken! Hummelmann konnte
seine Skepsis nicht verbergen.
Nicki Hirte zog Papiere mit den Fakten
aus der Tasche. Richtig! Schau mal, was die
fordern! Sie denken an eine Spielgemeinschaft. Natürlich
müsste dazu der Verein umbenannt werden. SG
Bayern Essen soll das Team heißen. Unsere
Heimspiele würden wir künftig in München
austragen. Sie würden uns dazu das altehrwürdige
Sechzger schnuckelig herrichten
und bei Topspielen dürfen wir ins Olympiastadion.
Mit unseren Fans kalkulieren sie eine bessere Stimmung,
als sie das mit ihren eigenen Leuten selbst
nach dem Umzug in die Arena hinkriegen. Wir
hätten dadurch den Vorteil eines finanzkräftigen
Partners in der Hinterhand und sparen uns den Umbau
unseres eigenen Stadions.
Leider stellt Franz noch eine Bedingung,
schob Saltatorius vorsichtig nach. Du müsstest
an einer Fortbildungsmaßnahme teilnehmen.
Wie, bitte?
Ja! Er meint, du fällst in Schwabing negativ
auf. Du seiest in der Schickeria nicht ganz salonfähig.
Deswegen hat er schon einmal ein Anmeldeformular vorbereitet:
Crashkurs ARROGANZ Wie lege ich effektiv
in kürzester Zeit meine Volkstümlichkeit
ab?
Niemals! polterte Hummelmann entrüstet.
Kommt nicht in Frage! Nicht mit Franz! Wen habt
ihr noch?
.
Er zog einen weiteren Umschlag: Sieh
da, der Calli! Hehe, der hatte doch mal zum Willi
Lemke gesagt: Mann Willi, Du siehst ja echt
aus, als sei 'ne Hungersnot ausgebrochen! Lemke
hatte darauf geantwortet: Und Du siehst so aus,
als seiest Du schuld daran!
Genau da liegt das Problem!, gab Hirte
zu bedenken. Auch die Leverkusener haben Bedingungen
an eine Kooperation.
Haben wir denn Vorteile davon? wollte
Hummelmann wissen.
Auf jeden Fall. Einen großen Chemie-Konzern
im Rücken. Geballte Kompetenz und Erfahrung in
der Person von Rainer Calmund. Der ist ja gewissermaßen
freigestellt und stände uns zur Verfügung.
Aber auch Bayer stellt Forderungen. Die möchten,
dass wir die so wörtlich Transportkosten
von Calli zu unseren Spielen übernehmen.
Ist das teuer?
Unbedingt! Jedes Mal der Tieflader. Dazu die
Begleitfahrzeuge, die man für einen Schwertransport
braucht. Außerdem müssen bei Hin- und Rückfahrt
die Straßen für eine Weile gesperrt werden,
weil man den Konvoi wegen Überbreite nicht überholen
kann. Da kommt schon was zusammen.
An die Nebenkosten will ich gar nicht denken.,
stöhnte der Präsident. Erstens braucht
der fünf Plätze. Wir können also vier
weitere Karten nicht verkaufen. Außerdem kann
Calli keine Treppen laufen. Den müssen wir jedes
Mal mit einem Baukran in die VIP-Lounge lupfen. Nene,
lass mal bleiben!
.
.
OK! Dann bleibt nur noch der
hier Stumpen-Rudi! Hirte legte den letzten
Umschlag auf den Tisch.
.! Ralf Hummelmann
stand vor Schreck die Futterluke offen.
Im Vergleich mit den anderen ist sein Angebot
recht günstig., vermittelnd ermutigte Oberfan
Loddar Saltatorius seinen Präsidenten, sich mit
dem Gedanken wenigstens einmal zu befassen. Manchmal
muss man einfach Lösungen außerhalb des
Systems suchen.
Was verlangt er? Hummelmann kam sich vor,
als würde der Gelsenkirchener Nachbarverein ihm
die Pistole auf die Brust setzen.
Nicht viel!, erwiderte Saltatorius. Er
möchte, dass wir künftig bei unseren Spielen
VELTINS ausschenken.
Aber, das geht doch nicht!
Doch! Rudi meint, du sollst nicht rumzicken.
Unser momentanes Bier kommt aus Duisburg, ist gewissermaßen
auch blauweiß. 'Das macht keinen großen
Unterschied.', sagt er.
Da hat er eigentlich Recht. Was bietet er denn
als Gegenleistung?
Er wird uns helfen, den Zustand unserer Toilettenanlagen
erheblich zu verbessern.
Hä? .. Wie soll ich das denn verstehen?
Es war an Erpel Leppins, den Präsidenten
vollends zu überzeugen: Er schickt uns
die Schalker Blockfahne zum Zerstückeln. Du kennst
doch das Lied:
Musst du mal und hast kein Papier,
dann nimm doch die Fahne von !