10.04.2008: UEFA-Cup | FC Getafe - Bayern München
3:3 (1:1)
Die Saison ist noch nicht zu Ende und gerade im Sport
sollte man sich mit Superlativen bekanntlich zurückhalten.
Doch für viele wird die UEFA-Cup Viertelfinalbegegnung
zwischen dem FC Getafe und Bayern München das
Spiel des Jahres gewesen sein.
Bereits In den ersten zehn Minuten ging es turbulent
auf dem Feld zu. Klose erarbeitete sich eine gute
Ausgangsposition und wurde dann regelwidrig gestoppt.
Klare Sache: Rot für Ruben de la Red. Danach
flachte das Spiel ab. Spielerisch hatten die Bayern
wenig zu bieten und traten über weite Strecken
sehr ideenlos auf. Bayern rannte an Getafes Strafraum
an, allerdings war ab dem Sechzehnmeterraum immer
Schluss. Das wenig kreative Patentrezept waren lange
Bälle auf Luca Toni, die zumeist beim gegnerischen
Keeper oder Verteidiger landeten.
Kurz vor der Halbzeitpause konnten die Spanier dann
einen Konter verwandeln. Der Ball schien aus der Kurvenperspektive
haltbar gewesen zu sein. Bei Toren für die Heimmannschaft
wurde jeweils eine Silvesterrakete gezündet,
die über dem Stadion ihre Pracht entfaltete.
Dieser Glanz war dem hohen Besuch, der diesem Spiel
beiwohnte, angemessen. Der spanische König saß
auf der Tribüne und drückte natürlich
dem Verein, der bei Madrid gelegen ist, die Daumen.
Die Gäste aus München waren weiterhin gut
aufgelegt. Die Bayernfans sangen während des
kompletten Spiels. Ohnehin war die Stimmung prächtig,
denn das Stadion war ausverkauft, allerdings war dies
bei einem Platzkontingent von lediglich 17.000 keine
Überraschung. Auf spanischer Seite war die Stimmung
meist nur gut, wenn Tore gefallen sind. Ansonsten
wurden die Fans von Getafe nur in spannenden Situationen
laut. Kurz vor der Halbzeit gab es wegen einer minimalen
Rangelei einen Polizeieinsatz im Gästeblock,
der sich gewaschen hatte. Ungefähr fünfzig
Mitglieder der Policia stürmten mit Schlagstöcken
in den Gästeblock. Sie riegelten alle Durchgänge
ab und dreschten mit den Knüppeln auf alle Fans
ein, die zwischen Ober- und Unterrang gewesen sind.
Daraufhin lösten die Fans Sitzschalen aus ihrer
Verankerung und bewarfen die spanischen Polizisten
damit.

Als kurz vor Ende der regulären 90 Minuten Franck
Ribery die Münchner mit dem 1:1 Ausgleich doch
noch in die Verlägerung schoss, folgte der absolute
Ausnahmezustand im Bayern-Block. Dieser hielt aber
nicht lange vor. Als Getafe das 2-1 und 3-1 erzielte,
war die Stimmung wieder gedrückt. Auf der Tribüne
wurde erneut darüber diskutiert, ob Oliver Kahn
die Gegentreffer nicht hätte verhindern können.
Ein Fehler des spanischen Keepers, der die Bayern
wieder zurück ins Spiel kommen ließ, brachte
die Stimmung zurück in den Gästeblock. Die
weite Anfahrt hatte sich für den bayrischen Anhang
gelohnt. Alle Tore in der Verlängerung fielen
vor dem Gästeblock. Zumindest bei den ersten
beiden Treffern hielt sich die Freude über diese
Tatsache wohl noch in Grenzen.
Der Anschlusstreffer in der 115. Minute durch Luca
Toni ließ den bayrischen Anhang nochmal hoffen.
In der letzten Minute bekamen die Münchener dann
einen Freistoß an der Mittellinie zugesprochen.
Den "Titan" Oliver Kahn hielt nichts mehr
in seinem Tor. Er sprintete an den gegnerischen Strafraum,
gewann einen Luftzweikampf und der Ball kam zum bis
dahin glücklosen Sosa, der butterweich auf Toni
flankte, welcher sich gegen zwei Abwehrspieler durchsetzte
und den Ball per Kopfballaufsetzer in die Maschen
beförderte. Dieser Ausgleich durch den Italiener
setzte bei Kahn unglaubliche Emotionen frei. Bei einer
Niederlage hätte Kahns lange internationale Karriere
ein unrühmliches Ende im Uefa-Cup genommen, doch
die sehr späten Toren in der Verlängerung
bedeuteten das Erreichen des Halbfinales. Der Bayernkapitän
brach van Bommel beim Jubeln fast die Nase, und manch
ein Fernsehzuschauer dürfte auch das ein oder
andere Tränchen beim sonst so harten Olli Kahn
entdeckt haben.
So heftig die Gefühlswelt Achterbahn gefahren
ist, so erstaunlich war die Reaktion der Bayern. Anstatt
mit dem eigenen Anhang zu feiern, applaudierten die
Spieler kurz und verschwanden in der Kabine oder versuchten
die Spieler aus Getafe aufzurichten. Das Stadion leerte
sich zügig. Nur der Gästeblock blieb eine
halbe Stunde voll. Nicht etwa weil der Jubel nicht
abebben wollte, sondern aufgrund der Sperrung des
Blockes. Auch diese Maßnahme erschien merkwürdig,
da die Fans aus Getafe mehr als friedlich waren. Sie
kamen nach dem Spiel zu uns, gratulierten zum Sieg
haben und wollten Schals tauschen.
Der Sieg, das sahen auch die eigenen Fans so, war
dem Bayern-Dusel zuzuschreiben. Getafe hat ein super
Spiel gemacht und toll gekämpft. Über fast
die gesamte Spieldauer (inkl. Verlängerung) spielten
sie zu zehnt, also mit einem Mann weniger. Der Abend
ist schließlich in einer Eckkneipe am Stadion
bei Bier und gemeinsam singenden Fans ausgeklungen.
Christoph Platt


















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