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27.04.2008 - Interview mit Erwin Koen


Die Reihe "Helden von einst" führte diesmal einen Teil der Redaktion von Jawattdenn.de nach Paderborn, um den Publikumsliebling Erwin Koen über seine aktive Zeit bei RWE zu befragen und die jüngere Vergangenheit des Vereins wieder aufleben zu lassen. Dabei sprach Erwin über Aufstieg und Abstieg mit RWE sowie über seine Zeit in Aachen, die RWE-Fans und die Professionalisierung im Fußballgeschäft.

Jawattdenn.de:
Hallo Erwin! Wir haben mal Deine Karriere verfolgt. Du kommst ja ursprünglich aus Holland, spielst aber schon einige Jahre in Deutschland. Wie kam es eigentlich dazu, dass Du nach Deutschland kamst?

Erwin Koen:
Das ist eine lange Geschichte (lacht). Es war so, dass ich beim FC Groningen in der ersten holländischen Liga gespielt habe, dann sind wir abgestiegen und der neue Trainer hat mit mir nicht mehr geplant. Es waren einige Vereine aus der zweiten holländischen Liga an mir interessiert, die für mich aber nicht interessant genug waren. Dann habe ich ein Angebot aus Gütersloh bekommen und habe mir gedacht, ich probiere etwas Neues aus. Und dann bin ich in Deutschland geblieben.

Jawattdenn.de:
Du bist später von Göttingen aus nach Essen gewechselt?

Erwin Koen:
Ja, richtig. Nach einem halben Jahr ging Gütersloh Konkurs, und da stand ich als 21jähriger auf der Straße. Dann rief mich der Trainer aus Göttingen an, ob ich für ein halbes Jahr kommen würde. In Göttingen kam RWE auf mich zu und später bin ich an die Hafenstraße gewechselt.

Jawattdenn.de:
Du hast Dich bestimmt vor Deinem Wechsel mit RWE beschäftigt. Hättest Du gedacht, dass ihr in Deiner ersten Saison gegen den Abstieg spielt?

Erwin Koen:
Nein, das erste Jahr war eine Katastrophe. Da hat man alles erlebt, was an einem Verein nicht so schön sein kann. Es war eine ganz neue Mannschaft zusammen gekauft worden, aber es hat nicht so gepasst, es war eine Hierarchie innerhalb der Mannschaft, der Trainer – es war nicht so schön im ersten Jahr.

Jawattdenn.de:
Es war auch das Jahr, wo Sascha Wolf in Braunschweig das entscheidende Tor zum Klassenerhalt geschossen hat und man noch um die Lizenz bangen musste. Das war bestimmt ein schwieriges Jahr.

Erwin Koen:
Es war aber auch ein Knackpunkt für Rot-Weiss, danach ging es wieder bergauf.

Jawattdenn.de:
In den fünf Jahren, in denen Du bei RWE warst, welches Spiel ist Dir besonders in Erinnerung geblieben?

Erwin Koen:
Vor zwei, drei Wochen habe ich mir alle Spiele der Aufstiegssaison auf DVD noch einmal angeschaut. Das Spiel gegen Wuppertal, ich glaube es endete 5:2, das war ein geiles Spiel, auch von mir. Aber auch das Pokalspiel gegen Leverkusen, das wir 0:1 verloren haben. Das war auch ein schönes Erlebnis. Das Wuppertalspiel war aber eines der besten Spiele, welches ich je für RWE gemacht habe.

Jawattdenn.de:
Besonders an den Freistoß unter der Mauer hindurch erinnern wir uns…

Erwin Koen:
Manchmal muss man halt was Überraschendes machen (lacht).

Jawattdenn.de:
In der Saison nach dem Klassenerhalt wäre sogar fast der Aufstieg drin gewesen. Was den Fans besonders in Erinnerung geblieben ist war das Spiel gegen Fortuna Köln, es endete 1:1. Michael Oelkuch schoss nach einem Freistoß das Tor zum Ausgleich für die Fortuna. Wie hat die Mannschaft diesen Rückschlag aufgenommen?

Erwin Koen:
Das war natürlich scheiße. Es war ein Freistoß, ich glaube, aus 35 Meter, der Ball war eigentlich ganz einfach zu halten. Doch Christoph Müller hält den Ball leider nicht. Da ist die Arbeit eines ganzen Jahres kaputt, es zerplatzt ein Traum. Und dann musst Du im nächsten Jahr wieder neu anfangen. Und zum Glück haben wir da weiter gemacht. Aber das ganze Jahr spielst Du um den Aufstieg mit und dann kommt so ein Ball. So ist das leider im Fußball. Ich kann mich auch erinnern, dass wir in diesem Jahr in Uerdingen gespielt haben. Mein aktueller Mannschaftskollege Stephan Maaß wollte damals den Ball hinein flanken und trifft das Tor. Das waren wirklich Knackpunkte in diesem Jahr, echt schade.

Jawattdenn.de:
Es war auch das Jahr, wo es im letzten Spiel der Saison gegen Preußen Münster Ausschreitungen der RWE-Fans gab. Wie hast Du diese Situation erlebt?

Erwin Koen:
Daran kann ich mich auch erinnern. Ich wurde in der 70. Minute ausgewechselt und nach dem Abpfiff war ich so enttäuscht, dass ich direkt in die Kabine gelaufen bin. Danach habe ich mit einigen Jungs ein paar Tränen vergossen. Mein Schwiegervater saß auf der Tribüne, er hat mir erst hinterher erzählt, was dort abgegangen ist. Später haben wir die Bilder gesehen und das war natürlich eine andere Seite der RWE-Fans. Aber der Stadionsprecher von Münster sagte, dass die Braunschweiger gewonnen hätten und die Essener nach Hause fahren können, das musste er auch nicht machen, er wollte damit provozieren. Leider kommt in diesem Moment viel zusammen, die Enttäuschung, wir hatten damals eine gute Mannschaft und es hat trotzdem nicht gereicht.

Jawattdenn.de:
Du hast im darauf folgenden Jahr das Spiel gegen Osnabrück mit gemacht. Es ist ja einmalig, dass man ein ausverkauftes Saisonspiel an der Hafenstrasse erlebt, dass gab es danach nur im diesjährigen Pokalspiel gegen Hamburg. Wie ist Dein Verhältnis zu den RWE-Fans?

Erwin Koen:
Es war einmalig für mich. Das kann man nicht beschreiben, immer wenn ich den Ball hatte wurde mein Name gerufen. Im ersten Jahr war das auch nicht so, das habe ich mir auch erarbeitet. Irgendwann habe ich mit Sascha Wolf vor dem Spiel gesprochen, er sagte zu mir: „Erwin, wenn der Ball auf die Seite der Stehtribüne kommt, machen wir zuerst ein Foul. Wir grätschen einen um und tun so, als ob nichts gewesen wäre. Dann hast Du sofort die Fans hinter Dir und Du wirst gefeiert.“ Ihr müsst mal drauf achten, wenn ihr die Spiele noch mal anseht, in den ersten fünf Minuten waren es entweder Sascha oder ich, die ein Foul begehen. Das war wirklich so! Ihr wisst, wie die Rot-Weiss Fans sind, sie sind mit Herz und Seele dabei. Es gab kaum Publikumslieblinge, plötzlich war ich da und es hat mich immer gefreut. Ich wurde zusätzlich dadurch gepuscht und gab immer mehr. Es hat immer Spaß gemacht!

Jawattdenn.de:
Wir können uns auch kaum erinnern, dass ein ehemaliger Spieler so gefeiert wurde als Du mit Paderborn an die Hafenstraße kamst und es Applaus gab.

Erwin Koen:
Ja, das war auch ein Erlebnis. Viele haben geklatscht, einige haben gepfiffen, aber das ist auch ganz normal. Die Situation ist damals komisch gelaufen, aber der Applaus hat mir gut getan. Das war echt klasse.

Jawattdenn.de:
Noch einmal zurück zur Saison 2003/04. Es war die beste Saison von RWE in den letzten zehn Jahren mit der meisten Euphorie und die niemand zuvor so erlebt hat.

Erwin Koen:
In diesem Jahr kam alles zusammen, alles passte. Wir brauchten gar nicht viel zu machen und wir haben immer gewonnen. Oft gingen die Spiele nur mit 1:0 für uns aus. Das war genauso wie in Aachen, irgendwann hatte man das Gefühl: „Heute kann uns eh nichts passieren!“. Das Jahr war für mich traumhaft, die vielen Tore, die ich geschossen habe, es war ein überragendes Jahr für mich.

Jawattdenn.de:
Der Saisonhöhepunkt war der Aufstieg mit einem 7:0 gegen die Schalker Amateure. Da war natürlich die Euphorie groß.

Erwin Koen:
Und es gab sieben Torschützen, jeder wurde für seine Arbeit in diesem Jahr belohnt. Es war perfekt. Und dann waren 10.000 Essener im Wattenscheider Lohrheidestadion. Das war auch geil, nach diesem Spiel musste ich aber um mein Leben rennen (lacht). Aber es war schön, so was muss man auch mal erleben!

Jawattdenn.de:
Die Zweitligasaison danach lief zunächst weniger befriedigend für Dich.

Erwin Koen:
Zuerst habe ich auf der Bank gesessen. Ich war richtig sauer. Irgendwann dachte ich, ich mache noch ein Tor, biete mich für andere Vereine an und gehe dann hier weg. Es gab schon ein oder zwei interessante Angebote. Ich hatte das schon mit dem Verein besprochen, und dann kam ein Freundschaftsspiel, ich glaube es war gegen Kreta. Ich bin von der Bank gekommen und die Fans haben meinen Namen gerufen, und in diesem Moment habe ich gedacht, jetzt bleibe ich hier und beiße mich durch. Dann habe ich im Training zugelegt und es lief wieder.

Jawattdenn.de:
Aber die Gründe für Deine Nichtberücksichtigung unter dem damaligen Trainer Gelsdorf weißt Du nicht? Du hast in der Saison davor 18 Tore gemacht!

Erwin Koen:
Ich wusste es auch nicht. Vielleicht wegen der neuen Jungs. Aber ich weiß es bis jetzt nicht, ich habe ein paar Mal danach mit ihm gesprochen, aber was da genau war kann ich immer noch nicht sagen. So ist das mal im Fußball. Hier in Paderborn habe ich die ersten neun Spiele auch auf der Bank gesessen, aber dann musst Du Dich als Spieler fragen, ob Du Dich durchbeißen willst oder nichts mehr machst. Ich bin aber der Typ, der sich durchbeißt und dann schaut, wie weit er kommt.

Jawattdenn.de:
Die Mannschaft damals galt als sehr zerstritten. Es gab haarsträubende Pressemitteilungen, aber Gelsdorf meinte, vieles davon wäre aufgebauscht worden.

Erwin Koen:
Was meint ihr genau?

Jawattdenn.de:
Zum Beispiel die Meldung aus dem Trainingslager, wo Du mit Francis Kioyo aneinander geraten bist. Oder der Streit zwischen Silvio Pätz und Sven Lintjens. Oder die Auseinandersetzung zwischen Kioyo und Yildirim…

Erwin Koen:
Aber wisst ihr, was das Schöne ist? Wenn so was auf dem Platz passiert, gibt man sich nachher die Hand und die Sache ist vorbei. Aber die Presse bauscht die Sache auf und für uns ist sie erledigt. Francis hatte damals nachgetreten, ich bin auf ihn zugelaufen und wir wurden auseinander gehalten. Die Presse riecht so etwas und möchte eine schöne Geschichte daraus machen. Sowas passiert täglich auf einem Fußballplatz. Ihr habt es gesehen bei dem Vorfall mit Bixente Lizarazu und Lothar Matthäus bei Bayern München, zusammen sind sie aber unter anderem deutscher Meister geworden. Das gehört für mich zum Fußball dazu. Es darf nicht zu oft passieren, denn dann leidet die Disziplin, aber es kommt vor. Fußball ist ein Spiel mit Körperkontakt, wenn man mal bei einer Aktion zu spät kommt, passiert das halt. So schlimm ist das aber auch nicht.

Jawattdenn.de:
In der Rückrunde wurde Dein Wechsel nach Aachen vermeldet. Wie kam es dazu?

Erwin Koen:
Das ist eine gute Frage, denn endlich kann ich mal die Sache klar stellen, und sagen, wie es wirklich gelaufen ist. Kurz nach der Winterpause hatte ich schon bei Aachen unterschrieben, ich wollte unbedingt in der zweiten Liga spielen und Aachen war schon zwei Jahre interessiert an mir. Ich hatte dabei ein gutes Gefühl, denn ich wusste auch nicht, ob RWE in der Liga bleibt oder nicht. Dann hat der Verein mich angesprochen, man wolle unbedingt mit mir verlängern. Da habe ich gesagt, es tut mir leid, ich möchte nicht verlängern, da ich schon woanders unterschrieben habe. Der Verein meinte, da kann man leider nichts machen, aber ich sollte nicht sagen, dass ich irgendwo unterschrieben habe. Man habe zu viel Stress wegen dem Abstiegskampf und wolle die Fans ruhig halten. Ich habe dann gesagt, dass ich das mache, damit innerhalb des Vereins Ruhe ist. Später haben wir gegen Aachen gespielt, aber ich hatte einen Muskelfaserriss, das erste Mal in meinem Leben. Es war wirklich so, der Doktor hatte es auf dem Scan und mir gezeigt, und in der Presse wurde auf mich eingeprügelt.

Die Bild-Zeitung schrieb, dass ich verletzt auf der Tribüne sitze, weil Aachen noch Aufstiegschancen hätte. Plötzlich wurde von Essener Seite behauptet, dass es einfach nicht sein kann, dass ich auf einmal nach Aachen wechsele. Alles wurde auf meinem Rücken ausgetragen. Es sind unschöne Dinge über mich gesagt worden. Das habe ich alles so mitbekommen. Es war so schade, denn ich hatte schöne Jahre in Essen, man hätte mich auch vernünftig verabschieden können. Dann war es noch so, dass wir das letzte Spiel gegen Unterhaching hatten und man hat mir gesagt: „Erwin, komme bitte nicht zum Stadion, es herrscht eine aggressive Stimmung bei den Fans Dir gegenüber!“ Daran war aber nicht ich Schuld, sondern der Verein, das hat mir damals richtig weh getan!

Jawattdenn.de:
Eine Woche zuvor war aber noch das Spiel gegen Ahlen, wo Du die gelb-rote Karte bekommen hast.

Erwin Koen:
Ja, das stimmt, das war der definitive Abstieg. Schön, dass ihr euch daran erinnern könnt (lacht). Ich war übermotiviert, das war wirklich scheiße, aber damals wusste ich ja, wie die Situation war. Ich war so erleichtert, dass ich das Tor gemacht habe, ich wollte unbedingt zeigen, dass ich ein Rot-Weißer bin, und das bin ich immer noch! Das ist mein Verein, ich bin auch später oft zu den Spielen gegangen, und durch mein Tor in Ahlen hätten wir die Klasse noch halten können. Ich wollte es dem Verein zeigen, trotzdem bin ich ruhig geblieben. Aber mein Name wurde dadurch in den Dreck gezogen, auch bei den Fans. Das tat mir weh und es tat mir leid, dass wir abgestiegen sind, aber es war sportlich für mich besser, nach Aachen zu gehen, und dann sind wir ja auch in die erste Liga aufgestiegen. Eigentlich habe ich alles richtig gemacht.

Jawattdenn.de:
Würdest Du also im Nachhinein sagen, der Wechsel nach Aachen hätte sich gelohnt?

Erwin Koen:
Ja, klar! Ich habe in Aachen nicht so oft gespielt, es waren nur wenige Einsätze, aber ich habe so viel gelernt, es waren tolle Fußballer um mich herum, Willi Landgraf, Eric Meyer und die anderen Jungs. Nichts gegen Essen, aber in Aachen ist alles ein Schritt professioneller, alles läuft geregelt, und als Person wurde ich dort erwachsener. Das hat sich für mich sehr gelohnt.

Jawattdenn.de:
Und die Fans sind ähnlich euphorisch wie in Essen.

Erwin Koen:
Genau, aber es gibt Unterschiede zwischen Aachen und Essen. Wenn Du in Essen schlecht spielst, kommen die Pfiffe schneller als in Aachen. Aber ich finde es schön in Essen, ich mag das. Denn wenn man etwas schlecht macht, sollte es ruhig gesagt werden. Du musst auch mal ausgebuht und ausgeschimpft werden, wenn es schlecht läuft. Man muss dann denken: „Hey, die beschimpfen mich, jetzt zeige ich mal, wie es richtig geht!“ Das ist für mich auch eine Art von Mentalität, aber viele können damit nicht umgehen. Ich denke, dass ist auch dieses Jahr ein Problem. Es gibt viele junge Spieler in der aktuellen Mannschaft, dass ist nicht einfach für die. Letztens habe ich zu Alex Löbe nach einem schlechten Spiel gesagt, heute hätten wir mal so im Georg-Melches-Stadion gespielt, dann wäre aber was los. Das gehört zu diesem Verein dazu.

Jawattdenn.de:
In jeder Sommer- und Winterpause wurde unter den Fans darauf spekuliert, dass Du möglicherweise aus Aachen zurückkommst. Besonders im RWE-Forum war das ein oft geäußerter Wunsch. Gab es irgendwann einmal in dieser Zeit die Überlegung, besonders in der letzten Aufstiegssaison der Essener, an die Hafenstraße zu wechseln?

Erwin Koen:
Es ist nie zur Sprache gekommen, denn in Aachen durfte ich nicht weg. Wir sind damals in die erste Liga aufgestiegen, und dass war für mich eine Chance, Bundesligaluft zu schnuppern. Aber ich musste feststellen, dass ich nicht die Qualität habe, in der Bundesliga zu spielen. Das weiß ich selber auch, trotzdem war es für mich interessant. Ich war zwar immer im Gespräch in Essen, aber eine konkrete Anfrage gab es nicht. Und dann kam damals Paderborn auf mich zu. Das war für mich auch ein guter Schritt, denn viele Holländer waren hier und da habe ich mich direkt hier wohl gefühlt.

Jawattdenn.de:
Gibt es denn noch ein paar Mannschaftskollegen aus Deiner Zeit in Essen, mit denen Du in Kontakt stehst?

Erwin Koen:
Die Jungs spielen doch alle hier (lacht). Sven Lintjens, klar, Philipp Haastrup, der spielt jetzt in Maastricht in der zweiten holländischen Liga, mit dem Jürgen Grundheber und der Frau Vogt von der Geschäftsstelle habe ich noch Kontakt sowie Damian Jamro und Alex Jacob, dem damaligen Stadionsprecher. Wir sind auch zusammen mit den ehemaligen Physiotherapeuten, den Zetzmännern, in den Skiurlaub gefahren. Letztens habe ich Ali Bilgin getroffen, der hat alles richtig gemacht. Und Marco Kück, aber der bereist ja die ganze Welt, der spielt jetzt in Australien, war aber schon in Vietnam, China, usw. Mit ihm habe ich aber nur Kontakt, wenn er gerade im Internet ist und wir uns schreiben. Aber ich hatte so viel Mannschaftskollegen bei Rot-Weiss, teilweise hat ja die ganze Mannschaft durchgewechselt.

Jawattdenn.de:
Du bist mit 29 Jahren im besten Fußballeralter. Im Moment käme für Dich wahrscheinlich kein Wechsel nach RWE in Frage, aber könntest Du Dir noch einmal vorstellen, irgendwann mal bei Rot-Weiss die Karriere ausklingen zu lassen?

Erwin Koen:
Auf jeden Fall. In der Winterpause hat RWE hier angefragt, aber leider durfte ich nicht gehen. Jetzt wollte ich vielleicht im Sommer nach Essen zurückgehen, aber nicht in der vierten Liga. Ich hatte das alles schon geplant, mit meiner Frau wollte ich in Holland ein Haus kaufen, immer nach Essen zum Training fahren, aber leider schaffen sie es nicht. Sonst wäre Erwin Koen nächstes Jahr bestimmt wieder in Essen gewesen. Aber vielleicht passiert das noch ein anderes Mal.

Jawattdenn.de:
Also besteht weiterhin ein guter Kontakt zum Verein?

Erwin Koen:
Ja, ich war diese Saison sechsmal da. In den ersten beiden Jahren war ich nicht so oft da, aber in diesem Jahr schon. Ich wollte alte Freunde besuchen, und es macht immer Spaß, auf der Tribüne zu sitzen, alle klatschen und rufen Deinen Namen, dass ist ein tolles Gefühl.

Jawattdenn.de:
Eine Frage zu Deiner Spielweise. Als Fan der gegnerischen Mannschaft bist Du ein sehr unangenehmer Spielertyp. Du provozierst auch schon einmal eine rote Karte. Hast Du es gerne, so wie beispielsweise Oliver Kahn, dass eine komplette Tribüne Dir Hass entgegenbringt?

Erwin Koen:
Das Schönste ist doch, wenn Du auswärts spielst und alle sind gegen Dich. Warum pfeifen die Dich aus? Weil Sie Dich entweder nicht mögen oder die haben Angst vor Dir, weil Du Qualität besitzt. Wenn Du sie soweit kriegst, dass sie Angst vor Dir haben, dann ist das doch super! Dann pfeifen die und Du machst noch ein Tor, dann sind sie so was von ruhig. Provozieren kann man schon, aber man muss auch wissen, wann es gut ist. Die letzten Jahre bin ich auch etwas ruhiger geworden. Es passiert bei mir nicht mehr so oft. Aber das gehört zum Fußball, das ist das Emotionale, man muss alles tun, um zu gewinnen. Hinterher spricht keiner mehr davon, ob Du eine rote Karte hast, sondern dass die Punkte auf Deinem Konto sind. Alles andere interessiert mich nicht, neunzig Minuten lang gebe ich Gas ohne Ende. Viele Leute aus meiner Familie und aus meinem Freundeskreis sagen, Du bist so ein ruhiger Junge, aber auf dem Platz, da kenne ich Dich gar nicht mehr! So ist das aber, irgendwo wird auf dem Platz der Knopf gedrückt und Gas gegeben.

Jawattdenn.de:
Auch wenn es noch sehr weit weg ist, aber hast Du Dir schon einmal überlegt, was Du nach Deiner Karriere machen willst?

Erwin Koen:
Nächstes Jahr kann ich meine C- und B-Trainerlizenz machen, ich wollte eigentlich ein Drei-Jahres-Vertrag bei RWE unterschreiben und dann schauen, was ich danach im Verein machen kann. Das wäre für mich optimal gewesen, und deshalb ist es schade, dass sie es nicht schaffen. Aber man weiß nicht, was die Zukunft bringt. Ich will noch mindestens fünf Jahre in der zweiten oder dritten Liga Fußball spielen, und dann schaue ich mal, was dann noch kommt. Ich würde gerne was im Jugendbereich machen. Vielleicht eine holländische Schule, eine deutsche Schule, ein wenig durcheinander mischen, das wäre keine schlechte Sache. Aber noch möchte ich ein bisschen Fußball spielen.

Jawattdenn.de:
Wie Du sagtest, verfolgst Du die aktuelle Situation bei RWE. Kannst Du Dir erklären, warum die Mannschaft so durchgereicht wird?

Erwin Koen:
Ich weiß es auch nicht genau, ich habe ein paar Spiele gesehen, immer wenn ich im Stadion war, haben sie gewonnen, vielleicht sollte ich öfter kommen (lacht). Es ist eine sehr junge Mannschaft, sie wirkt etwas unkontrolliert, nicht gestanden und unsicher, gerade wenn die Fans anfangen zu pfeifen. Wenn man bei Rot-Weiss spielt muss man das abschalten können. Es waren aber auch viele Spieler verletzt, Guie-Mien, Kurth, Stefan Lorenz, Haeldermans, das sind alles wichtige Spieler, die alle in der zweiten Liga schon gespielt haben. Dasselbe ist bei uns in Paderborn passiert, in der Hinrunde wurden gleich alle fünf Stürmer operiert. Alle fallen sechs Monate aus und Du kannst niemanden mehr nachkaufen, weil der Transfermarkt zu ist. Dann läufst Du mit Alex Löbe auf, der eigentlich schon mit den Fußballspielen aufgehört hat. Der macht seinen Job zwar ordentlich, aber optimal ist das auch nicht. Zudem hat RWE einen Kader von rund 14 guten Fußballern und vier weniger guten Fußballern zusammengestellt. Man kann auch einen Kader von 22 weniger guten Spielern zusammenkaufen, aber RWE hat sich anders entschieden und hat zwar die A-Jugend oder die zweite Mannschaft, wenn Du aber viele Verletzte hast wird es schwer.

Jawattdenn.de:
Meinst Du, der Verein kann diesen wahrscheinlichen Abstieg kompensieren und noch einmal nach oben kommen?

Erwin Koen:
Der Verein hat doch Thomas Strunz geholt. Das ist doch ein Zeichen, dass weiter gemacht wird. Ich hoffe, dass die Sponsoren in der vierten Liga da bleiben, aber es ist eine Scheißliga, mit so viel Amateurvereinen, es wird nicht einfach werden. Da muss man das Geld richtig investieren, um wieder in die dritte Liga zu kommen. Aber es ist natürlich die Frage, ob das die Sponsoren mitmachen. Aber ich hoffe es, auch für meine Zukunft (lacht).

Jawattdenn.de:
Abschließend fragen wir alle interviewten Ex-Spieler nach dem neuen Stadion. Diese Diskussion war ja auch zu Deiner Zeit aktuell. Glaubst Du, dass das neue Stadion noch kommen wird?

Erwin Koen:
Ich habe keine Hoffnung mehr (lacht). Ganz ehrlich, wo ich meinen Vertrag 2001 in Essen unterschrieben habe, hat Nico Schäfer mich in seinem Büro mitgenommen und mir die Pläne vom neuen Stadion gezeigt. Im Aufstiegsjahr 2003/04 haben wir einen ganzen Abend im Hotel mit der Mannschaft und dem Vorstand gesessen und da wurde gesagt, wenn ihr aufsteigt, dann wird es ein neues Stadion geben. Wir sind aufgestiegen, es kam immer noch nix. Ich habe kein Vertrauen mehr da drin. Die Stadt braucht es eigentlich auch, aber für die vierte Liga braucht keiner ein Stadion. Das ist das Problem.

Jawattdenn.de:
Aber da sind wir wieder beim Thema Professionalisierung. Du hast selber angesprochen, dass in Aachen professioneller als in Essen gearbeitet wird. Auch Paderborn bekommt ein neues Stadion. Aber warum funktioniert das in Essen nicht?

Erwin Koen:
Bei einem Stadion bist Du abhängig von der Stadt. Da kannst Du noch so tolle Leute im Vorstand haben wie Rolf Hempelmann, aber wenn eine Stadt nicht mitwirkt, hast Du keine Chance! In Paderborn steht das neue Stadion schon drei Jahre, lange Zeit nur ein paar Pfeiler, jetzt ist es endlich komplett fertig, und dass nur wegen der Stadt. Das hat den Verein zwei Jahre gekostet. Für eine Weiterentwicklung eines Vereins braucht man ein neues Stadion. Wie ich hörte, ist in Essen endlich ein zweiter Trainingsplatz gekommen. Das braucht man alles, um professioneller zu arbeiten. In Aachen hat man neuen Kunstrasen, Trainingsplätze, Ausweichplätze, im Stadion ist alles abgeschirmt, alles organisierter, da arbeiten 23 oder 24 Leute auf der Geschäftsstelle, woanders hast Du vielleicht nur acht Leute sitzen. In Aachen ist einer nur für Marketing, einer nur für die Fans und einer nur für die Sicherheit zuständig. Aachen ist in allem ein paar Jahre voraus, so wie es in Essen eigentlich sein sollte, aber die Voraussetzungen mit dem alten Stadion und den Trainingsplätzen sind schlechter. Man kommt keinen Schritt weiter, in Paderborn ist es genau das Gleiche. Wir trainieren im Stadtzentrum von Paderborn auf einem knüppelharten Platz, das geht einfach nicht, wenn Du in der zweiten Liga spielst. Der Ball springt dort immer nur hoch, wie soll man da ein vernünftiges Passspiel einüben?

Das sind die kleinen Dinge, woran man erkennt, ob ein Verein weiter ist oder nicht. Viele kleine Sachen werden hinterher zu einer einzigen großen Sache. Kaum ein anderer Verein hat so ein Umfeld wie Essen. Es sind Leute da, die Industrie, die Geschäfte – Ich verstehe es nicht, warum die das nicht auf die Reihe kriegen. Man muss doch einfach mal ein paar Sponsoren zusammensuchen und sagen: „Kommt Jungs, es geht zwar runter, aber lasst uns weiter machen und wir schauen mal, wo es endet.“ Das ist aber nur meine Meinung als Außenstehender. Ich habe das Gefühl, dass es nicht gemacht wird, dass zu viele Leute da etwas zu sagen haben möchten. Ich wünsche dem Verein mehr Leute wie Manni Sander, der ist mit ganzem Herzen RWE-Fan. Solche Leute sind für mich wichtiger als manche Kerle im Anzug. Diese Leute lieben den Verein und sollten weiter an ihm gebunden werden!

Jawattdenn.de:
Vielen Dank für das Gespräch, Erwin!

Bilderstrecke "Eeeerwiiiiiiiiiin in Action"

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Das Jawattdenn.de-Team bedankt sich beim SC Paderborn 07 und dem Pressesprecher des Vereins, Mattias Hack, für die schnelle und freundliche Unterstützung bei diesem Interview.


Das Interview führte Hendrik Stürznickel und Pascal Druschke

Quelle Bilder: Michael Gohl - www.sport-in-essen.de

 




   

     

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