06.03.2008 - Interview mit Olaf Janßen
Vor dem Spiel gegen den VfL Wolfsburg II fand der
Sportliche Leiter Olaf Janßen Zeit, um mit Jawattdenn.de
über die aktuelle Lage an der Hafenstraße,
über ehemalige Trainer und über die Jugendabteilung
zu sprechen.
Teil III: "Die Jugendarbeit"
Jawattdenn.de:
Während es bei der ersten Mannschaft derzeit
nicht so gut aussieht, ist die Entwicklung der Jugendarbeit
positiv. Die zweite Mannschaft marschiert durch die
Verbandsliga und die A-Jugend hat es nach einigen
Jahren geschafft, nicht mehr nur gegen den Abstieg
zu spielen, sondern sich im oberen Mittelfeld zu etablieren
und den einen oder anderen Favoriten zu ärgern.
Wie schwer wiegt nach solchen Erfolgen der Abgang
von Sven Demandt im Sommer?
Olaf Janßen:
Grundsätzlich ist die Jugendarbeit natürlich
ein Thema, das ich bei meinem Antritt 2005 ganz oben
auf meine Agenda geschrieben hatte. Ich weiß
einfach, wie wichtig ein funktionierendes Nachwuchskonzept
für Rot-Weiss Essen ist.
Ich denke, dass wir in Zusammenarbeit mit den Trainern
und vor allem auch mit Andreas Winkler ein paar Dinge
umgesetzt und erreicht haben. Diese Dinge tragen jetzt
Früchte.
Die U23 hatte, als ich anfing, 26 Jahre lang Landesliga
auf Asche gespielt. Ich weiß noch, an wie vielen
Sonntagen ich Calik, Özbek und Stoppelkamp gebeten
und wirklich angefleht habe, sich auf der Asche "die
Knochen kaputt treten zu lassen."
Anders war es uns kaum möglich, aus dieser Liga
rauszukommen, und jetzt stehen unsere Jungs vor dem
Aufstieg in die NRW-Oberliga. Das ist ein sehr wichtiges
Fundament.
In der Pressekonferenz wurde auch über Philipp
Kreuels gesprochen, der auch gegangen ist, weil die
zweite Mannschaft nicht auf hinreichendem Niveau spielte.
Da haben wir wirklich was bewegt, und zwar unter den
widrigsten Umständen. Es muss nur mal jemand
schauen, wo unsere Leistungsmannschaften spielen,
wo die trainieren und wo die Spieler sich duschen.
Das ist eigentlich eine verheerende Situation.
Aber trotzdem haben wir es geschafft, ein Zusammenhaltsgefühl
herzustellen, weil ich gesagt habe, dass die Strategie,
die Menschen und die Strukturen das Entscheidende
sind. Erst dann kommen die schönen Duschen und
Trainingsplätze.
In erster Linie müssen wir mit einem Konzept
überzeugen und das durchsetzen. Das habe ich
versucht anzuschieben so gut es ging, und ich muss
sagen, dass wir etwas geschafft haben, worüber
wir richtig stolz sein können und auch sind.
Das läuft in den richtigen Bahnen.
Wenn jemand wie unser U19-Trainer Sven Demandt zu
Borussia Mönchengladbach geht, tut das sicherlich
sehr weh, auf der anderen Seite kann ich das aber
auch nachvollziehen.
Wir haben ein sehr langes persönliches Gespräch
gehabt, indem sich Sven Demandt auch bedankt hat,
aber es ist einfach so, dass ich meinen Leuten nichts
versprechen kann.
Ich kann ihnen nicht versprechen, in welcher Liga
wir sind. Ich kann ihnen nicht versprechen, wie viel
finanzielle Mittel wir zur Verfügung haben werden,
und ich kann ihnen nicht versprechen, dass ich im
Sommer noch da bin.
Demandt muss an seine Familie und Zukunft denken.
Und wenn er ein Angebot aus Mönchengladbach bekommt,
die wahrscheinlich in die erste Liga aufsteigen werden
und einfach ein paar Dinge fest zusagen können,
muss man das respektieren.
Das wird uns aber nicht so hart treffen. Hart sicherlich
wegen dem Menschen Sven Demandt, der einiges erreicht
hat, aber wir haben unsere Strukturen gefestigt und
sind von dem Weg, den wir gehen, überzeugt. Also
werden wir diese Position dementsprechend neu besetzen-
Jawattdenn.de:
Wie weit sind die Überlegungen zu einem Nachfolger?
Olaf Janßen:
Derzeit eigentlich gegen Null. Wir sind jetzt
dabei, den Markt zu sondieren und Bewerbungen in Empfang
zu nehmen, und werden dann Anfang nächsten Monats
beschließen, mit welchen Leuten wir konkreter
sprechen.
Jawattdenn.de:
Wie angesprochen steht die zweite Mannschaft vor
dem Aufstieg in die NRW-Oberliga. Es gibt Gerüchte,
RWE würde erwägen, aus finanziellen Gründen
nicht für diese Liga zu melden. Ist da etwas
dran?
Olaf Janßen:
Das wäre mir neu.
Jawattdenn.de:
Sportlich könnte sich die Mannschaft dort aber
behaupten?
Olaf Janßen:
Absolut. Wenn man sieht, was sich in der A-Jugend
tut und was schon da ist: das kann man hinkriegen.
Jawattdenn.de:
Trainer der Mannschaft ist Michael Kulm, der zuvor
Trainer der B-Jugend war und von dort den Sprung zur
Zweiten Mannschaft gemacht hat. Ohne Hintergedanken
auf die Erste Mannschaft bei RWE, trauen Sie ihm noch
einen weiteren gewaltigen Sprung in die oberen Ligen
zu?
Olaf Janßen: Michael Kulm ist sicherlich
ein ganz besonderer Mensch und ein sehr guter Trainer.
Er ist ein absoluter Fachmann, und ich bin wirklich
froh, dass er bei uns ist. Er ist im Hauptberuf aber
bei der Polizei tätig, und ich weiß, dass
er keine Ambitionen hegt, irgendwann im Profifußball
zu landen. Er weiß einfach, dass man dort auf
einem Schleuderstuhl sitzt.
Er hat sich in seinem Job weit hochgearbeitet und
würde so viele Sicherheiten und sein Privatleben
aufgeben. Aus diesen Gründen kann ich mir bei
ihm eigentlich nicht vorstellen, dass er seine ganze
Polizeikarriere vergisst.
Jawattdenn.de:
Aber es gibt, auch wenn man derzeit nur in der fünften
Liga spielt, auch Spieler, die das Zeug dazu hätten,
höherklassig zu spielen?
Olaf Janßen:
Deswegen haben wir die Mannschaft ja, absolut
klar. Wir wollen auch ein Niveau, auf dem wir auch
Spieler von außen mit Perspektive zu uns holen
können. Deswegen haben wir so großen Wert
auf diese Mannschaft gelegt. Auch, damit wir da ein
Auffangbecken für unsere eigenen A-Jugendspieler
haben.
Jawattdenn.de:
Die B-Jugend ist im letzten Jahr eigentlich abgestiegen,
ist dann aber doch in die neu gegründete Bundesliga
gekommen. Wie schwer war es, die B-Jugend nach schwachem
Saisonstart doch in der Bundesliga zu festigen?
Olaf Janßen:
Markus Reiter, der Trainer der B-Jugend, sitzt ja
mit mir zusammen in meinem Büro, und von daher
habe ich da auch ein bisschen mehr davon mitbekommen.
Es war natürlich sehr schwer, plötzlich
Bundesligist zu sein, wenn man eigentlich für
die Niederrheinliga plant und die Spieler schon alle
weg waren. Dann hat die Auslosung natürlich auch
noch ergeben, dass man an den ersten fünf Spieltagen
genau gegen die fünf stärksten Mannschaften
der Gruppe spielt, gegen welche man auch relativ hoch
verloren hat.
Markus hat mit der Mannschaft aber noch den Bogen
gekriegt. Er hat sehr hart mit der Truppe gearbeitet,
und die Jungs haben sich natürlich durch ihre
gewonnenen Spiele auch noch Selbstvertrauen geholt.
Das sieht man auch jetzt an ihren sehr, sehr knappen
Ergebnissen gegen die Großen. Zuletzt hat man
gegen Wattenscheid gewonnen, und das ist eine Entwicklung,
mit der wir in dieser Form nicht gerechnet haben.
Wenn man ohne Spieler dasteht, dann ist das natürlich
für die Perspektive schwierig. Aber ich hoffe,
dass sie jetzt weiterhin so gefestigt sind, dass sie
ihre Punkte gegen die Mitkonkurrenten im Abstiegskampf
holen können. Es macht den Anschein, als könnte
das klappen, und das wäre ein toller Erfolg.
Dann könnten wir auch in dieser Altersstufe für
die nächste Saison ganz anders planen, als wenn
man plötzlich weiß, dass man in der Bundesliga
ist.
Jawattdenn.de:
Im letzten Interview mit uns hatten Sie unter anderem
vom Aufbau eines Jugendinternats gesprochen. Wie sehen
sie derzeit die Chancen, dieses Projekt umzusetzen?
Olaf Janßen:
Wir haben das zumindest in so weit angeschoben, dass
wir dieses Thema mit dem Thema Stadionneubau verbunden
haben. Wir haben gesagt, dass wir dieses Internat
brauchen und nicht nur an ein Stadion denken können.
Im Laufe der Verfahren haben wir dieses Jugendinternat
geplant und eben auch bei den entsprechenden Stellen
platziert, so dass die Leute auch wissen, was einfach
kommen muss.
Das hängt natürlich an Dingen, für
die es einen viel besseren Ansprechpartner als mich
gibt.
Es ist eine schwierige Zeit, mit der Stadion- und
der sportlichen Geschichte. Wie dann augenblicklich
der Stand der Dinge ist, kann ich hier - und das kann
ich auch mit ruhigem Gewissen sagen, weil ich da wirklich
nichts weiß - nichts sagen.
Ich will dazu derzeit eigentlich auch gar nichts wissen,
denn ich denke, dass wir im sportlichen Bereich genug
Dinge haben, auf die wir uns konzentrieren müssen,
um dann letztendlich die sportlichen Erfolge auch
einzufahren. Das ist einfach sehr wichtig für
den Verein.
Jawattdenn.de:
Sie sagen aber selbst, dass gewisse Dinge am Stadionausbau
hängen, im Zuge dessen dem Verein ja nicht nur
bessere Örtlichkeiten zur Verfügung stehen
würden. Würde es ohne neues Stadion mittelfristig
überhaupt noch Sinn machen, weiterhin Ambitionen
Richtung Zweiter oder sogar Erster Liga zu hegen?
Olaf Janßen:
Ich denke, dass das nicht hypothetisch ist: Mit einem
nicht konkurrenzfähigen Stadion wird die Kluft
immer größer. Sportlich kann man das sicher
versuchen und schaffen. Der Abstieg aus der Zweiten
Liga hing an einem Punkt. Aber mittelfristig ist das
eine Geschichte, die nicht funktioniert.
>>Teil
I: "Die sportliche Situation"<<
>>Teil
II: "Ehemalige RWE-Trainer"<<
Das Interview führten Hendrik
Stürznickel, Henrik
Holländer und
Fabian Jerrentrup
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