Bericht: Regionalliga-Nord | SG Dynamo Dresden - Fortuna
Düsseldorf 0:0
Abschied von einer Kultstätte
Zwei Clubs mit vielen Gemeinsamkeiten, dennoch
ist Dynamo Dresden unserem RWE einen kleinen Schritt
voraus: Im Oktober sollen die Abrissarbeiten des Rudolf-Harbig-Stadions
beginnen, welches einer modernen Fußballstätte
weichen wird. Grund genug für uns ein letztes
Mal ein Spiel im alten Stadion zu besuchen.
Bereits 1896 wurde das Gelände, auf dem das Rudolf-Harbig-Stadion
steht, zum ersten Male als Sportstätte
erwähnt, der Bau des Stadions in seiner heutigen
Form geht allerdings auf das Jahr 1921 zurück.
Ein Bürger der Stadt wollte damals eigentlich
einen Zierbrunnen stiften, die Geldentwertung war
allerdings so hoch, dass er kurzentschlossen das Geld
letztlich in den Bau eines Stadions steckte. Damals
als Kampfbahn der Stadt Dresden erbaut,
fasste es ab 1923 bereits Platz für 24.000 Zuschauer.
In der Bombennacht des 13. Februar 1945, als alliierte
Flugzeuge Dresden fast vollständig zerstörte,
blieb auch das Stadion nicht verschont. Schwer beschädigt
musste es wieder aufgebaut werden und wurde am 23.09.1951
unter dem Namen Rudolf-Harbig-Stadion wieder eröffnet.
Gegner beim Einweihungsspiel waren Dynamo Dresden
und Lokomotive Stendal. Dynamo war damals ein Verein
der Volkspolizei und in der Stadt hinter dem SC Einheit
nur die Nummer zwei. Daher kam es, dass Dynamo das
Stadion erst 1957 für sich nutzen konnte, als
die SC Eintracht in das damals größere
Heinz-Geyer-Stadion umzog.
1969 erfolgte der Bau der Flutlichtmasten, die aufgrund
ihres Aussehens schnell den Beinamen Giraffen
erhielten, 1979 folgte die elektronische Anzeigetafel.
In den Jahren 1976 und 1980 wurde das Stadion vergrößert,
bis es endlich eine Kapazität von 38.500 Zuschauern
erreichte.
Bereits 1957 übernahm das Ministerium für
Staatssicherheit das Stadion und benannte es 1971
in Dynamo-Stadion um. Erst nach der Wende
wurde 1990 wieder auf den alten Namen Rudolf-Harbig-Stadion
zurückgegriffen. DfB- und FIFA-Normen zwangen
1992 zu einem erneuten Umbau des Stadions. Im Zuge
dessen musste das Fassungsvermögen auf 32.500
gesenkt werden. Dies war bis auf kleinere Sanierungen
bis dato der letzte Umbau.
Am Mittwoch kam es somit zum vielleicht letzten richtigen
Spitzenspiel vor Beginn der Abrissarbeiten. Dynamo
Dresden traf auf den Tabellenführer Fortuna Düsseldorf.
Etwa 200 Düsseldorfer waren unter den insgesamt
13.133 Zuschauern, die ein besseres 0:0 sahen. Dynamo
hatte die erste Chance durch Oldie Marek Penksa, die
von Gäste-Keeper Michael Melka aber vereitelt
wurde. Danach nahm die Fortuna das Heft in die Hand.
Einen schön gezirkelten Freistoß von Markus
Anfang konnte SGD-Keeper Oliver Herber glänzend
abwehren (10.), ein Lambertz-Kopfball aus wenigen
Metern ging neben das Tor. Erst nach gut 30 Minuten
konnte Dynamo sich befreien und bis zur Pause das
leicht bessere Team stellen. Tormöglichkeiten
gab es aber keine mehr. Auch in der zweiten Hälfte
konnte man sehen, das Dresden und Düsseldorf
aktuell die abwehrstärksten Vereine der Liga
sind. Dynamo drückte zwar auf das Führungstor,
doch die Abwehr der Gäste konnte oft klären.
Und bei den beiden Malen, in denen dann doch ein Dynamo-Spieler
durchkam, reagierte Fortuna-Keeper Michael Melka gegen
Pavel Dobry und Lars Jungnickel fantastisch. Auf der
Gegenseite musste auch Oliver Herber noch einmal mit
einem sensationellen Reflex eingreifen, als er einen
Ball, der eigentlich schon an ihm vorbei war, noch
mit den Fingerspitzen aufhalten konnte. Ansonsten
beschränkte sich Düsseldorf jedoch aufs
Verhindern des Rückstandes. Dies änderte
sich auch nach Minute 77 nicht, als Martin Stocklasa
nach einem wiederholten Trikot-Zupfer mit gelb-rot
vom Platz gestellt wurde. Dynamo war selbst in Unterzahl
das bessere Team, konnte aber keine der Chancen verwerten.
Es blieb bis zum Schlusspfiff beim insgesamt recht
ansehnlichem 0:0, über 90 Minuten gesehen war
es für beide Teams verdient.
Stimmungsmäßig kam man ebenfalls auf seine
Kosten. Angepeitscht durch einen Capo wird in den
beiden reinen Stimmungsblöcken K1 und vor allem
K2 ordentlich Gas gegeben. Diese Stimmung überträgt
sich von dort auf das ganze Stadion. Fast ohne Unterbrechung
werden 90 Minuten lang Lieder, Anfeuerungen, Wechselgesänge
oder Schmähgesänge vorgetragen. Der Capo
gibt vor, was gesungen wird, wobei sein Lieblingswort
dabei eindeutig brachial ist (Und
jetzt mal alle hier und zwar brachial!). Ende
der ersten Hälfte versuchte man dann, ein Lied
10 Minuten durchzusingen, was aber nicht komplett
klappte. Zur zweiten Hälfte kamen noch unzählige
Fahnen und Doppelhalter hinzu, so dass diese beiden
Blöcke sicherlich ein Stimmungs-Highlight im
gesamten Bundesgebiet sind. Höhepunkt neben den
Fahnen bildete in Hälfte zwei ein gelber Bengalo
mitten im Block. Ansonsten blieb es friedlich, auch
wenn nach dem Spiel die grünen Unparteiischen
ein wenig Mühe hatte, einige Dynamos zur Auflösung
der Gästeblockblockade zu bewegen und dabei mit
zwei Knallkörpern beworfen wurde. Selbst das
Androhen von Personalienaufnahme schien nicht zu klappen.
Da diese Androhung aber auch ungefähr 20 Mal
per Lautsprecher verkündet wurde, kann man sich
denken, warum.
Alles in allem ein gelungener Abend mit sentimentalem
Hintergrund. Das Rudolf-Harbig-Stadion in seiner jetzigen
Form haben wir zum letzten Mal live gesehen. Wenn
RWE im nächsten Sommer in Dresden zu Gast ist,
werden die Bauarbeiten schon fortgeschritten sein.
Vielleicht haben wir dann mit Dynamo wieder etwas
gemeinsam. Hoffen wir, dass beide Teams bis dahin
wieder in die Erfolgsspur zurückgefunden haben.
Nicht auszudenken, wenn einer oder beide Clubs am
Ende nicht zu den ersten 10 der Liga gehören
(tj)
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