27.10.2007 - Schalke 04 - Werder Bremen 1:1
So Weit Weg
So weit weg
Bin ich von euch, seid ihr von mir
So weit weg
Ich hab doch alles
Was such ich hier
Es ist so still
Weiß nicht, was ich will
Heute Nacht fällt es mir schwer, hier zu sein
Und ich fühl mich so allein
So weit weg
Ganz tief in mir, sehn ich mich sehr
So weit weg
Irgendwie finde ich mich nicht mehr
Es ist so still
Weiß nicht, was ich will
Wem diese Zeilen bekannt vorkommen mögen, ist
a) entweder sehr allein, b) ein großer Nena-Fan
oder c) befindet sich an einem schönen Samstagnachmittag
in der Arena auf Schalke, um sich das Spitzenspiel
des 11. Spieltages des Möchtegernmeisters gegen
den SV Werder Bremen anzusehen.
Satte 42 Euro (zur Verdeutlichung in Worten: zweiundvierzig!!
Peitschenhiebe) muss der Bundesligafan bezahlen, um
sich dieses Spektakel nicht entgehen zu lassen. Was
bekommt er dafür geboten? Eine Hartschale im
Oberrang, gefühlte zehn Kilometer vom Geschehen
entfernt, mit Brille konnte man sogar den ein oder
anderen bekannten Spieler ausmachen. Ein älterer
Herr zwei Reihen vor mir kramt tatsächlich ein
Fernglas aus seiner Tasche. Durch die optimale Lage
war es aber immerhin möglich, sich vor Spielbeginn
intensiv mit der Dachkonstruktion der Arena auseinanderzusetzen.
Die meisterhaft konstruierten Verstrebungen begeistern
sicher jeden Dachdecker und Mitarbeiter der Stahlbranche.
Hat man sich nun mittlerweile mit der viel gescholtenen
Arena des ungeliebten Nachbarn aus Herne-Ost angefreundet,
folgt der nächste Tiefschlag. Diejenigen unter
unseren Lesern, die noch nicht das Vergnügen
hatten die Arena von innen bewundern zu dürfen,
sei an dieser Stelle die Knappenkarte ans Herz gelegt.
Um ein Kalt- oder Warmgetränk oder eine obligatorische
Bratwurst zu erwerben, muss man zunächst sein
sauer verdientes Geld, und das ist schon schlimm genug,
in Knappen umtauschen. Ein Knappe entspricht dabei
sinnigerweise einem Euro.
Also steht man zunächst zehn Minuten an, um eine
Plastikkarte zu bekommen, auf der einem ein gequält
grinsender Sören Larsen anblickt. Vermutlich
wollte er sich ebenfalls nur schnell vor dem Spiel
ein Bier kaufen. Auf meine höfliche Anfrage,
ob es die Karte denn auch mit dem Konterfei von Diego
oder Torsten Frings gibt, ernte ich lediglich einen
seltsam irritierten Blick.
Nun bin ich endlich im Besitz der magischen Karte
und bewege mich schnurstracks, die Uhr tickt unermüdlich
Richtung 15.30 Uhr, zum Getränkeausschank. Hier
verbringe ich, der Knappenkarte sei Dank, lediglich
20 Minuten, bis ich für 3,20 Euro Verzeihung
3,20 Knappen ein kühles Helles erhalte.
Sören Larsens Laune scheint sich zu heben, als
ich den grünen Knopf drücke, um die Abbuchung
der wertvollen Knappen zu bestätigen. Auch die
um mich herumstehenden Werder Fans sind von der spektakulären
Einfachheit dieses Systems sichtlich angetan.
Ach ja: Fußball gespielt wurde auch noch.
In einer immerhin durchaus, soweit ich das sagen kann,
ansehnlichen Bundesligapartie trennen sich die beiden
Teams am Ende gerechterweise 1:1. Ein Bundesligaspitzenspiel,
das diesen Namen auch tatsächlich verdient hat.
Tolle Kombinationen, viel Kampf und Einsatz, beiden
Mannschaften wollten die drei Punkte auf ihrem Konto
sehen. Umso erstaunlicher, wie wenig Stimmung hüben
wie drüben aufkommt. Im Werder Block versucht
man sich ein- zweimal eines Wechselgesangs und stimmt
ein amüsantes Ihr werdet nie deutscher
Meister an.
Aber auch von der Nordkurve kommt trotz der zahlenmäßig
drückenden Überlegenheit nicht allzu viel.
Lediglich ein kleiner Haufen von Unermüdlichen
hinter dem Tor singt tatsächlich über die
gut 90 Minuten, die Schiedsrichter Herbert Fandel
dann auch überpünktlich beendet.
Und so drängt man dann hinaus auf der Suche nach
einem Knappenkartenstand, um wenigstens ein Teil seines
Geldes zurückzubekommen. Satte 80 Cent nehmen
wir aus der Arena wieder mit, Sören Larsen scheint
ein wenig traurig zu sein. Aber an diesem Tag haben
wir wahrlich genug Geld für wenig Spektakel so
weit weit weg herausgegeben.
(sb)
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