Vorbericht: 10. Spieltag | TSV 1860 München - Rot-Weiss Essen


Zu Besuch bei einem Chaosclub

„Was regst Du denn Dich so auf? Schließlich gehst Du zum RWE, da muss man mit so was rechnen!“ – Das war die Reaktion eines Fans nach dem Schlusspfiff im Heimspiel gegen den KSC. Unglaublich, aber einmal mehr verlor der RWE seine Punkte in den letzten Minuten. Aus den erhofften vier Punkten aus den Heimspielen gegen Paderborn und Karlsruhe blieb nur ein mickriger Punkt übrig. Zu wenig für die Ansprüche der Fans, zu wenig für das Saisonziel „Klassenerhalt“.

Mit Beginn der stürmischen Jahreszeit weht auch der Wind an der Hafenstraße rauer. Trainer Neuhaus steht unter enormen Erfolgsdruck und die Psyche der Mannschaft dürfte durch die späten Gegentore in der Liga auch nicht stabil sein. Allerdings muss die Mannschaft ihre Leistung in Punkte umsetzen, damit das Umfeld wieder beruhigt werden kann. Vor dem Spiel in der bayrischen Landeshauptstadt kann Neuhaus auf alle Spieler bis auf den verletzten Paulo Sergio zurückgreifen. Fragezeichen stehen hinter Kläsener (Gehirnerschütterung) und Haeldermans (Probleme an der Achillessehne), die aber beide am Mannschaftstraining teilnahmen. Grammozis hat seine Sperre abgesessen, Danko Boskovic hofft nach seiner Verletzung auf seinen Einsatz in München.

Der nächste Gegner 1860 München ist einer von zahlreichen Vereinen, bei dem Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander gehen. Anstatt im Konzert der Großen mitzuspielen, werden an der Grünwalderstraße leise Töne gespielt. Mittlerweile sehen die Fans des TSV das dritte Jahr hintereinander nur Fußball der zweiten Bundesliga. Im letzten Jahr konnte nach einer unheimlichen Niederlagenserie vor eigenem Publikum nur knapp der Abstieg aus dem Profibereich verhindert werden. Das nationale Interesse an dem Verein ist seit dem Abstieg aus dem Oberhaus und dem Ausscheiden des schillernden Präsidenten Karl-Heinz Wildmoser drastisch gesunken.

Dennoch ist 1860 München immer für eine Schlagzeile gut, allerdings im negativen Sinne. 2004 wurden Wildmoser und sein Sohn wegen der Annahme von Bestechungsgeld im Zusammenhang mit dem Stadionbau der Allianz Arena festgenommen, wenige Wochen später wurde Trainer Falko Götz vor laufenden Kameras das Vertrauen entzogen. Ein Jahr später wurden die Sechziger durch einen Dopingfall des Spielers Vucicevic erschüttert, der im Spiel gegen Wacker Burghausen eingesetzt wurde. Im Frühjahr 2006 rettete das Eingreifen des Erzrivalen Bayern München den Verein vor der Insolvenz, indem sie Anteile der Allianz Arena in Höhe von elf Millionen abkauften.

Die aktuelle Saison begann ähnlich turbulent. Der neue Trikotsponsor betandwin.de war bereit, sein Geld in dem Verein unterzubringen, aber die Bezirksregierung in Oberbayern machte beiden Partnern einen Stich durch ihre Rechnung: Da private Wettanbieter in Deutschland noch nicht erlaubt sind, wurde kurzerhand die Trikotwerbung untersagt. Wäre das noch nicht genug an Ärger, brodelt es hinter den Kulissen gewaltig. Zwei Kandidaten streiten um das Amt des Präsidenten: Der Ex-Trainer Karsten Wettberg und Otto Steiner, Geschäftsführer von Constantin Film. Die Fanintiative pro1860, die Wettberg unterstützt, sollte nur drei Mitglieder des Aufsichtsrates stellen, woraufhin sich die Mitglieder der Fanitiative ihre Kandidaten für den Aufsichtsrat zurückzogen. Da sie aber eine Mehrheit bei den Delegierten besitzt, die den Aufsichtsrat wählen, drohte der Verlust der Mehrheit für den Aufsichtsrat. Schließlich kam es zu einer weiteren kuriosen Panne: Einige Einladungen für die Wahl des Aufsichtsrates wurden zu spät versandt, der Rat der Delegierten war somit nicht beschlussfähig. Sportlich ist 1860 weiter im Profibereich zu finden, in Anwendung des Vereinsrechts reicht es aber nur für die Kreisliga.

Startete die Mannschaft des deutschen Meisters von 1966 sehr verheißungsvoll, steuern die „Blauen“ auf die erste sportliche Krise der Saison hin. Dreimal in Folge kassierte München eine Niederlage, unter anderem bei den Kellerkindern Braunschweig (0:2) und Augsburg (0:3). Vor der Partie gegen Essen fallen womöglich die beiden etatmäßigen Innenverteidiger Hoffmann und Berhalter (beide muskuläre Probleme) aus. Ein angeschlagener Gegner erwartet Essen, allerdings war die Ausgangslage vor der letzten Auswärtsaufgabe ähnlich. Das Ergebnis ist leider bekannt, und die Hürde „München“ ist sehr hoch.


(pd)


Bilder: 2. Bundesliga 04/05 - TSV 1860 - Rot-Weiss Essen 0:0 - 01. Mai 2005 (jwd)


Informationen für RWE-Fans

Jawattdenn.de 2. Liga-Guide - TSV 1860 München


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Bilanz gegen den TSV 1860 München