Spielbericht: 3. Spieltag | Fortuna Düsseldorf
- Rot-Weiss Essen
Bembenstimmung in Düsseldorf
Normalerweise dauern Internetrecherchen, wann wer,
wo wie, gegen wen letztmalig gewonnen hat, in der
Regel nur einige Sekunden. Zwei, drei Mausklicks und
man ist am Ziel. Im Fall Düsseldorf musste man
jedoch weit in die Tiefen des Netzes eintauchen, um
zu erfahren, wann eine Essener Mannschaft letztmalig
auf einem Ground der Landeshauptstadt siegte.
Und siehe da: Es war im Aufstiegsjahr 1969! Womit
der gemeine Essener gleich wieder nach Verbindungen
und Strohhalmen greift: denn wenn Essen nach über
35 Jahren wieder einmal in der Landeshauptstadt gewinnen
konnte und es letztmalig ausgerechnet im Jahr passierte,
wo man zum zweiten Mal in die Bundesliga aufsteigen
konnte, dann steht doch einem erneuten Aufstieg -
wenn auch nur in die zweite Bundesliga - eigentlich
nichts mehr im Wege.
Waren die letzten Aufeinandertreffen der beiden Mannschaften
doch eher mau, so wurden die gut 19000 Zuschauer in
der neuen Betonschüssel LTU-Arena am Fuße
des Düsseldorfer Flughafens mit einer Partie
belohnt, an welche sie sich sicherlich noch lange
erinnern werden. In Düsseldorf hatte man zwar
mit einer größeren Kulisse spekuliert,
doch wenn der Himmel an einem Augusttag unentwegt
weint, dann bleibt die Kasse halt leerer. Die Stimmung
auf den Rängen war jedenfalls prächtig,
was auch am recht merkwürdigen Spielverlauf lag.
In der ersten Halbzeit feierten die Düsseldorfer,
in der zweiten sang der Essener Block.
Zwei Spielhälften, zwei völlig verschiedene,
die sich dem Zuschauer boten, aber auch zwei völlig
unterschiedliche Schiedsrichterleistungen. Dabei stand
in Karl-Josef Metzger, einem ehemaligen Bundesliga-Referee,
eigentlich nur einer auf dem Felde. Pfiff er im ersten
Durchgang noch eher für die Mannschaft von Heino-Imitat
Uwe Weidemann, so pfiff er im zweiten Durchgang zur
Freude aller RWE-Anhänger zwei fragwürdige
Elfmeter für die erstmals ganz in Grün angetretenen
Essener und brachte das Team von Uwe Neuhaus damit
wieder auf die Siegerstrasse.
Das Spiel begann gleich ohne großes Abtasten,
wobei die Düsseldorfer zunächst die Initiative
ergriffen und besser in die Partie kamen. Bereits
nach drei Minuten tauchte ein Fortune - in Persona
Andreas Lambertz - nach einem katastrophalen Abspielfehler
von Ronny Nikol frei vor dem Essener Gehäuse
auf, doch RWE-Schlussmann Dirk Langerbein, dem einige
Fans nach dem Lübeckspiel liebevoll den Namen
Robert Wulnibein verpasst hatten, reagierte blitzsauber
und parierte. In der Folgezeit änderte sich das
Spiel kaum. Eine Chance von Jörg Albertz musste
abermals der Schlussmann vereiteln. Düsseldorf
war einfach bissiger und gewann mehr Zweikämpfe.
Folgerichtig dann auch der erste Treffer in der 11.Spielminute:
Ermin Melunovic konnte sich auf rechts durchsetzen
und zirkelte den Ball von der Grundlinie in den Strafraum.
Die Essener Abwehr um Ronny Nikol, der an dieser Szene
maßgeblich beteiligt war, reklamierte Aus und
schlief einen Moment zu lang. Diesen Augenblick nutzte
"Hammer-Ali" Jörg Albertz aus, um den Ball mit
dem Kopf in das Essener Gehäuse zu befördern.
1:0 für Düsseldorf. Wer gedacht hatte, die
Essener würden sich von diesem Schock schnell
erholen, der sah sich getäuscht.
Auch in der Folgezeit bestimmte die Fortuna das Tempo
und schnürte die Essener Mannschaft am eigenen
Strafraum ein. Wenn der Ball einmal in den Reihen
der Essener lag, dann wurde er durch leichtfertige
Abspielfehler im Spielaufbau wieder vertändelt,
und die Fortuna konnte weiter Druck machen. So war
es auch nicht verwunderlich, dass das zweite Tor der
Düsseldorfer fiel, als sich die komplette Mannschaft
im Vorwärtsgang befand. Marcel Podszus überrannte
auf links Abwehrmann Michael Bemben, und spitzte den
Ball in die Maschen. Düsseldorf hätte in
der Folgezeit sogar noch auf 3:0 erhöhen können,
vergab aber weitere Chancen, die erneut Langerbein
vereitelte. Zu diesem Zeitpunkt waren nicht einmal
30 Minuten gespielt.
In dieser Phase wurde Essen langsam wach. Zunächst
gab es zaghafte Versuche seitens der Essener zum Torerfolg
zu kommen, doch in der 33. Minute gelang ihnen der
vermeintliche Treffer. Denkste! Schri Metzger hatte
vorher Freistoß für RWE gepfiffen und die
Rot-Weissen um ein blitzsauberes Tor betrogen. Eine
Kombination von Kisanc auf Boskovic, der den Ball
in die Maschen versenkte, wurde nicht anerkannt. Stattdessen
pfiff Metzger ein Foul an der Strafraumgrenze. So
gab es zunächst Tumulte und Debatten am Strafraum,
doch die passende Antwort hatte Abwehrmann Michael
Bemben auf dem Fuß, als er den Ball aus rund
20 Metern in der 35. Minute in das Gehäuse von
Fortuna Keeper Nulle donnerte.
Da waren die Essener plötzlich wieder wie aus
heiterem Himmel zurück im Spiel. Plötzlich
gewannen sie auch wieder mehr Zweikämpfe und
konnten die Spitzen bedienen. Kurz vor der Pause dann
abermals eine strittige Situation, als der Pfeifenmann
wieder zum Hauptakteur mutierte und einen vermeintlichen
Elfmeter für Essen nicht gab. So ging die hektische
Partie in die Pause, und wer gedacht hatte, die erste
Halbzeit war schon reif fürs Kuriositätenkabinett,
der wurde wenige Sekunden nach Wiederanpfiff eines
Besseren belehrt.
Thorsten Horz war inzwischen für Michael Lorenz
ins Spiel gekommen. In der 46. Minute wurde Kiskanc
im Strafraum der Düsseldorfer leicht düpiert
und ging dabei zu Boden. Schiedsrichter Metzger zeigte
auf den Punkt. Dieses Geschenk ließ sich Michael
Bemben nicht nehmen und verwandelte sicher zum 2:2.
Essen war wieder da, doch es sollte noch besser kommen.
In der 53. Minute wieder ein Zweikampf im 16-Meter-Raum,
diesmal waren die Hauptakteure Nulle und Boskovic,
und wieder pfiff der Unparteiische einen Elfmeter
zugunsten der Essener. Diesmal trat allerdings nicht
Bemben an, sondern Wehlage, und plötzlich stand
es 2:3. Innerhalb von 18 Minuten war das Spiel gekippt.
Essen agierte nun cleverer und bestimmte das Spielgeschehen.
Düsseldorf öffnete das Spiel und kam zu
weiteren Chancen, Langerbein parierte zweimal hervorragend
und hielt die Essener Führung fest. Dann auf
der Gegenseite wurde ein Treffer der Essener wegen
Abseits von Boskovic nicht gegeben und schließlich
ballerte abermals der Mann des Tages - Michael Bemben
- den Ball an das Lattenkreuz. Spätestens zu
diesem Zeitpunkt ging die Essener Führung in
Ordnung.
Kurz vor Schluss machte Bemben dann alles klar und
erzielte seinen dritten Treffer an diesem Tage, wieder
per Freistoß, wieder in den Giebel. Das i-Tüpfelchen
auf eine super Leistung, die er per Sonderapplaus
nach dem Spiel auch noch mal vom Publikum bestätigt
bekam. Trainer Neuhaus zeigte sich später auch
sichtlich erleichtert und merkte an: "Der Micha macht
ja nicht mal im Training drei Tore." Andere Fans sprachen
von "dem Besiegen eines langen Fluches" . Essen hatte
jedenfalls zum ersten Mal seit 1969 wieder in Düsseldorf
gewonnen und alleine das ist schon "bembig"!
(fsl)
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Tore
1:0 Jörg Albertz (11.) / 2:0 Marcel Podszus (17.) / 2:1 Michael Bemben (35.) / 2:2 Michael Bemben (47. / FE) / 2:3 Holger Wehlage (53. / FE) / 2:4 Michael Bemben (87.)
Fortuna Düsseldorf
Nulle - Heeren (75. Kizilaslan), Eraslan (80. Wolf), Cakir, Bürk (72. Steegmann) - Lambertz, Scharpenberg, Kruse, Albertz - Podszus, Melunovic
Rot-Weiss Essen
Langerbein - Bemben, Thorwart, S. Lorenz, Nikol - Wehlage, M. Lorenz (46. Horz), Haeldermans, Kiskanc - Younga-Mouhani (85. Ristau), Boskovic
Gelbe Karten
Heeren, Kruse, Eraslan, Nulle, Bürk (Düsseldorf) / M. Lorenz, Thorwart, Bemben (Essen)
Schiedsrichter
Metzger (Aachen)
Zuschauer
18.749
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