Spielbericht: 12. Spieltag | Rot-Weiss Essen - VfL
Osnabrück
Bescheidene rote Welt
Wird nicht normalerweise nach der vierten
abgebrochen?. Diese Frage stellten sich auf
dem Heimweg viele der 10.300 Zuschauer. Zurück
lag ein denkwürdiger Herbstnachmittag, der wohl
mit in die Geschichtsbücher der Regionalliga
eingehen wird.
Eigentlich passte an diesem Tag nichts. Kurz nach
dem Aufstehen und dem ersten Blick aus dem Fenster
war schon die Lust auf ein schönes Fußballspiel
beinahe verflogen. Nass, kalt, dunkel - einfach nur
zum Liegenbleiben. Doch motivierte man sich mit den
Worten ein richtiges Rot-Weiss-Wetter
und machte sich auf den Weg zur Hafenstraße.
Die Erwartungen waren erneut enorm. Nach Niederlagen
gegen die direkte Konkurrenz in Kiel und zu Hause
gegen Lübeck waren die Rot-Weissen zu einem Sieg
verpflichtet.
Gut 1.300 Zuschauer aus Osnabrück nahmen trotz
des schlechten Wetters die kurze Reise ins Ruhrgebiet
auf sich. Dies dürfte in dieser bisherigen Saison
Rekord sein. Einen weiteren Rekord würde später
ihr Team aufstellen, doch war davon in der ersten
Viertelstunde nichts zu sehen.
Die Essener kamen besser als die Osnabrücker
ins Spiel. Kurz nach dem Anpfiff setzte sich Kiskanc
auf der linken Seite gut durch und spielte dann überlegt
auf Michael Lorenz ab, der den Ball nicht optimal
traf, dennoch das Ziel beinahe erreichte. Leider verhinderte
der Pfosten den Führungstreffer. Wenige Sekunden
später trauten sich auch die Gäste ein erstes
Mal über die Mittellinie. Der starke Björn
Joppe nahm den Ball und rannte über das gesamte
Spielfeld und schloss mit einem platzierten Schuss
ab. Das 0:1 kam sehr überraschend und zeigte
das größte Problem der Essener in dieser
Saison auf. Das Umschalten von Angriff zur Defensive
funktioniert nur schwerlich.
Dennoch nahm der Gastgeber, ab der 35. Minute ohne
Younga-Mouhani, der sich Schulter und Oberschenkel
prellte, das Spiel weiter in die Hand. Ob es allerdings
Ziel sein sollte, über 90% der ersten Halbzeit
den Ball zu besitzen, ist fraglich. Viel lieber hätte
der Zuschauer Torchancen gesehen, die aber eher Mangelware
waren. Immerhin versuchten es die Essener und kamen
schließlich auch zu ihrer zweiten Großchance.
Nach einem Fehler der Osnabrücker im Angriff
konnte Bilgin den Ball auf Wehlage passen, welcher
allein auf das gegnerische Tor zulief.
Doch was folgte, war ein Zeichen der Verunsicherung
und ein weiterer Beweis, dass das zweite große
Problem die mangelhafte Torchancenverwertung ist.
Zwar war die Überlegung Wehlages, den Ball auf
Löbe quer zu passen uneigennützig und vielleicht
nicht einmal verkehrt, doch die Umsetzung war ungenügend.
Statt dem 1:1 gab es Abstoß. So ging es mit
einem Pfeifkonzert in die Kabinen.
In der zweiten Halbzeit das gleiche Bild. Essen dominierte
das Spielgeschehen und kam dabei nicht in die optimale
Schussposition. Doch Schiedsrichter Metzen beendete
schließlich den normalen Ablauf
dieses Spiels. Der erst zur zweiten Halbzeit eingewechselte
Osnabrücker Schütte hielt, bereits gelb
verwarnt, Löbe fest und flog folgerichtig vom
Platz. Fünf Minuten später konnte sein Teamkollege,
der bundesligaerfahrene Markus Feldhoff, den Ball
nicht kontrollieren und trat anstelle des Balles in
den herbeistürmenden Kiskanc. Der Schiedsrichter
entschied nach einigen Augenblicken auf grobes Foulspiel
und verwies Feldhoff des Platzes. Ob allerdings hier
auf rot entschieden werden musste, ist zweifelhaft.
Allerdings darf ein erfahrener Spieler nicht so in
den Zweikampf gehen.
Die gewonnene Überzahl konnten die Gastgeber
aber weiterhin kaum nutzen. Alexander Löbe hatte
mit seinem Kopfball aus Abseitsposition noch die beste
Chance, doch ansonsten waren Flanken aus dem Halbfeld
die einzige Hilfe gegen die mittlerweile auf 8 Spieler
angewachsene Abwehrmauer.
20 Minuten nach dem zweiten Platzverweis der nächste
Schock für die Gäste. Bereits verwarnt schubste
der Torschütze Joppe seinen Gegenspieler um,
wobei der Ball bereits weitergespielt war. Schiedsrichter
Metten entschied auch hier auf gelb-rot. Eine sehr
harte Entscheidung, wenn man bedenkt, dass bereits
zwei andere Spieler zu diesem Zeitpunkt duschen waren.
Trotzdem sah das Essener Aufbauspiel monoton aus.
Immer wieder wurden die Bälle meist halbhoch
in den Strafraum gekickt und kamen ebenso schnell
wieder zurück. Erst in der 80. Minute, gegen
8 tapfer kämpfende Osnabrücker, gelang es
Alexander Löbe den Ball zum überfälligen
1:1 über die Linie zu dreschen.
Nun kochte das Stadion. Das 2:1 war also nur noch
eine Frage der Zeit und als der beste Essener, Alexander
Löbe, dieses per Kopf erzielte, war die Erleichterung
deutlich zu spüren. Nur 2 Minuten nach dem Siegtreffer
verabschiedete sich mit Enochs der Osnabrücker
Kapitän, welcher in einem Zweikampf den Fuß
verletzungsgefährdend gestreckt hielt. Die Osnabrücker
Fans und auch die Trainer- und Ersatzbank kochten
vor Wut. Verständlich einerseits, aufgrund der
harten Entscheidungen gegen die Gäste, andererseits
muss die Art und Weise dieser Wutäußerung
hinterfragt werden.
Der schwache Schiedsrichter beendete das Spiel überpünktlich
und verließ umgehend den Platz. Fast genauso
schnell verschwanden anschließend die Essener
Spieler vom Platz und kamen erst nach dem vehementen
Fordern einiger Zuschauer an die Tribüne. Nach
dem Pfeifkonzert und der miserablen Leistung zogen
es die Spieler vor, nicht mit den Fans zu feiern.
Nicht ganz so schnell verschwand der Osnabrücker
Trainer. Dieser stand noch dem Fernsehen Rede und
Antwort.
Sicherlich kann auch der Fan von Rot-Weiss Essen die
Emotionen des Gästetrainers verstehen. Seine
Äußerungen dürfen dennoch beurteilt
werden. In Zeiten von Hoyzer dem Schiedsrichter indirekt
eine Spielmanipulation vorzuwerfen hat nichts mit
seinem Appell an die Sportlichkeit zu tun. Sein Kommentar,
einige Spieler hätten ihm zugetragen, dass der
Schiedsrichter zu ihnen meinte hier gewinnt
ihr eh nicht, ist nicht mit seiner emotionalen
Gemütslage zu entschuldigen. Selbst wenn Spieler
diesen Vorwurf vorgetragen haben, so darf ein Trainer
diese unbewiesenen Vorwürfe im Anschluss eines
Spieles nicht in die Kamera äußern.
Bleibt abzuwarten, ob dieses Spiel noch ein Nachspiel
haben wird. Zu erwarten ist dies, denn es wird mit
einem Einspruch von Osnabrücker-Seite gerechnet.
Ob dieser beim DFB allerdings erfolg haben wird, ist
mehr als fraglich.
Die geforderte Sportlichkeit rückt allerdings
durch einen Protest in den Hintergrund. Ein kurioser
Nachmittag, bei dem die beliebteste Nebensache zur
Nebensache wurde.
(tp)
|
Tore
0:1 Björn Joppe (05.) / 1:1 Alexander Löbe
(81.) / 2:1 Alexander Löbe (86.)
Rot-Weiss Essen
Langerbein - Bemben, Lorenzon (67. Calik), S. Lorenz,
Kiskanc - Wehlage, M. Lorenz, Haeldermans, Bilgin
- Younga-Mouhani (35. Boskovic), Löbe (89. Özbek)
VfL Osnabrück
Berbig - de Jong, Joppe, Ewertz - Kügler (46.
Schütte), Feldhoff, Enochs, Wedau, Schäfer
- Menga (58. Flottmann), Reichenberger
Gelbe Karten
Lorenzon, M. Lorenz, S. Lorenz (Essen) / Kügler
(Osnabrück)
Gelb-rote Karte
Schütte (Osnabrück) wegen wiederholten Foulspiels
(52.), Joppe (Osnabrück) wegen wiederholten Foulspiels
(77.), Enochs (Osnabrück) wegen Meckerns (88.)
Rote Karte
Feldhoff (Osnabrück) wegen groben Foulspiels
(57.)
Schiedsrichter
Metzen (Erfstadt-Liblar)
Zuschauer
10.300
|
|