Spielbericht: 10. Spieltag | Rot-Weiss Essen - FC
Carl Zeiss Jena
Die Serientäter
3 Siege in Folge auf der einen, rot-weißen,
Seite - 4 ungeschlagene Auftritte auf fremdem Platz
auf der anderen, blau-weißen, Seite. So waren
die Vorzeichen des gestrigen Fußballabends.
Carl-Zeiss Jena, einer der vier Aufsteiger aus der
Oberliga, verkaufte sich diese Saison bisher sehr
gut. Gerade auswärts gelang es ihnen mit einer
gut defensiv eingestellten Mannschaft, Punkte zu sammeln.
Um 19.30 Uhr pfiff Schiedsrichter Metzger die Begegnung
an. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich knapp 10.000
Zuschauer, davon gut 200 aus Jena angereist, im Stadion.
Die Ultras Essen machten kurz vor dem Anpfiff mit
einer Zaunfahne auf die Geschehnisse in Chemnitz aufmerksam
(jawattdenn berichtete) und einige Fanclubs, die sich
ehemals für den Block M und somit für die
Nord-Tribüne ausgesprochen hatten, wechselten
ihren Standort und supporteten von der Ost-Tribüne.
Dennoch schien die Nord proppevoll zu sein. Auf jeden
Fall aber waren die Erwartungshaltungen erneut riesengroß.
Wie die Jenaer in ihren ersten Auswärtsspielen
die Punkte erbeuten konnten, war schon in der Anfangsphase
der Begegnung ersichtlich. 9 Mann, inklusive des Torhüters,
verließen nicht ihre eigene Spielhälfte,
wobei diese eigene Spielhälfte meistens
schon rund um ihren eigenen Strafraum endete. So versammelten
sich gleich zwei Viererketten vor dem Strafraum der
Gäste. Den Essenern fiel es schwer, gegen diese
Wand anzukämpfen. Dennoch konnten
die Essener in der ersten Halbzeit genügend Druck
aufbauen, so dass sie zumindest von den gefährlichen
Kontern der Gäste nur selten überrascht
wurden. Eine richtige, hochkarätige Torchance
besaß das Spiel in dieser ersten Hälfte
auf beiden Seiten allerdings nicht. Einzig Boskovic
hätte das 1:0 schießen müssen, doch
nachdem er zu lange zögerte, konnte ein Abwehrspieler
vor ihm klären.
Doch eine spielentscheidende Szene hatte die erste
Halbzeit dann doch. Kurz vor der Pause muss der erfahrene
Kapitän der Gästemannschaft, Thielemann,
einen Blackout gehabt haben, denn anders ist wohl
kaum seine zweite Verwarnung und somit die gelb-rote
Karte zu erklären. Nachdem die Essener Abwehr
zum wiederholten Male einen Angriff der Jenaer spielerisch
einfach klären konnte, wurde Bilgin auf Höhe
der Mittellinie von jenem Kapitän unnötig
am Trikot gezogen. Unnötig deshalb, weil hinter
ihm noch drei weitere Abwehrspieler auf die Gelegenheit
warteten, Bilgin am weiteren Ausführen des Konters
zu stören. Doch dem Rot-Weissen-Anhang konnte
dies egal sein. Trotz des 0:0, begleitete ein warmer
Applaus die Spieler zur Pause.
Vielleicht hatten die Essener Zuschauer auch erkannt,
dass es gegen einen solchen Gegner nicht nur reicht,
spielerisch überlegen zu sein. Auf jeden Fall
erkannten dies die Spieler auf dem Platz. Denn diese
begannen die zweite Halbzeit mit einem Offensiv-Feuerwerk
und erarbeiteten sich noch mehr Spielanteile und erhöhten
somit den Druck auf die dezimierte Gästemannschaft.
Zahlreiche Chancen waren die logische Folge. Jenas
Torhüter wurde nun zum vielgeprüften Mann
auf dem Feld.
In der 60. Minute war er allerdings chancenlos. Holger
Wehlage nutzte einen Abpraller der Abwehr um auf Kiskanc
zu flanken und dieser legte auf Haeldermans ab, der
mit einem platzierten Schuss das die Gastgeber in
Führung brachte. Der Torjubel glich eher einer
Erleichterung, als einer Bestätigung der puren
Selbstverständlichkeit. Zu schwer taten sich
die Essener auf dem Feld.
Dass die Begegnung keineswegs entschieden war, zeigten
die schnellen, aber meist kurz vor dem Strafraum gestoppten
Konterspiele der Jenaer. Warum es den Essenern in
einer Phase der drückenden Überlegenheit
nicht gelingt, den Sack zu zumachen, bleibt
ihr Geheimnis. An mangelnder Unterstützung von
den Rängen kann es nicht liegen. Die Essener
Fans versuchten mit ihren Mitteln die Mannschaft zum
2:0 zu führen. Doch was helfen die besten Anfeuerungsrufe,
wenn Mittelstürmer aus 8 Metern das Tor nicht
treffen.
Doch immerhin versuchten sie es immer wieder. Einer
der stärksten auf dem Feld war Holger Wehlage,
der sich auf der rechten Angriffsseite immer mal wieder
durchsetzen konnte. In der 80. Minute gelang ihm dann
auch der entscheidende Pass auf Ali Bilgin, der endlich
eine Großchance nutzte und den Sack
somit zumachte. Das dachten wohl alle auf dem Platz
und auf den Rängen. Viele verließen mit
der Siegesgewissheit schon das Stadion. Doch in Essen
sollte man spätestens nach der letzten Saison
wissen, dass ein Spiel wirklich erst nach 90 Minuten,
zuzüglich der Nachspielzeit, beendet wird. Und
nachdem die Jenaer plötzlich mehr zeigten, als
striktes Verteidigen und Zeitspiel, gelang nach einem
Standardsituationen-Festival in der letzten Spielminute
der Anschlusstreffer.
Aus ähnlicher Position wie bei den beiden Gegentreffern
gegen Lübeck, wurde der Freistoß aufs Tor
gezogen und der Jenaer Sykora brauchte nur noch seinen
Kopf hinhalten. Diese Szene sollte man sich beim Training
mehrmals anschauen. Denn nicht nur das Gegentor in
der Schlussphase war unnötig, sondern solch ein
Spiel, gegen einen Gegner ohne wirkliche (Tor-)Chance,
muss zu Null gewonnen werden. Und wenn das Training
schon einmal begonnen hat, könnten direkt auch
die Torabschlüsse verbessert werden. Denn nun
wartet kein geringerer Gegner als Holstein Kiel auf
unsere Elf. Dort wird ein solches inkonsequentes Verhalten
sicherlich anders bestraft, als gegen Jena oder Chemnitz.
Und dass wir uns keine Ausrutscher leisten können,
zeigen die Ergebnisse dieses Spieltags. St. Pauli
gewinnt mit einem Treffer kurz vor Schluss gegen Münster,
genauso Lübeck gegen Düsseldorf und Kiel
mit 2:1 bei der SG Wattenscheid. Doch am Samstag kann
es ganz sicher nicht zu Siegen aller der Top 4 kommen.
Drücken wir die Daumen, dass unsere Serie nicht
reißt und wir nicht zu den Verlierern des 11.
Spieltags gehören!
(tp)
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Tore
1:0 Stijn Haeldermans (60.) / 2:0 Ali Bilgin (80.)
/ 2:1 Fiete Sykora (88.)
Rot-Weiss Essen
Maczkowiak - Bemben, Ristau, S. Lorenz, Nikol - Wehlage,
M. Lorenz, Haeldermans, Bilgin - Younga-Mouhani (58.
Kiskanc), Boskovic (76. Löbe)
FC Carl Zeiss Jena
Person - Hujdurovic, Hasse, Maul - Holzner, Manai
(46. Kunze), Thielemann, R. Schmidt, Werner (78. Paulick)
- Hähnge, Zimmermann (66, Sykora)
Gelbe Karten
Hasse, Werner (Jena) / Wehlage, Bilgin (Essen)
Gelb-rote Karte
Thielemann (Jena)
Schiedsrichter
Karl-Josef Metzger
Zuschauer
9.709
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