07.03.2006 - Kommentar zur Stimmungslage
Stark auf dem Platz schwach auf den Rängen
Die Rückrunde ist, zumindest für Rot-Weiss
Essen, voll im Gange. In den fünf Spielen nach
der Winterpause wurden elf Punkte eingefahren. Dabei
stellte die Mannschaft beinahe im Vorübergehen,
mit dem zwölften Sieg in Folge an der heimischen
Hafenstraße einen neuen Rekord in der Vereinsgeschichte
auf.
Eigentlich müsste doch ganz Essen zufrieden die
Optiker aufsuchen um die Vereinsbrille erneuern zu
lassen. Rosa-Rot sollte sie aussehen eigentlich.
Denn dass in Essen schon immer ein anderer Wind wehte
als sonstwo in der Republik, macht den Verein irgendwie
aus. Hier gibt es kein Zwischending. Schwarz oder
Weiß, Top oder Flop, alles andere stellt die
Fans nicht zufrieden. Doch entscheidend war immer:
Unmögliche Spiele wurden mitunter aufgrund des
Publikums gewonnen, Schiedsrichter in ihren Entscheidungen
durch die unmittelbare Nähe der Fans indirekt
beeinflusst. Das alles war und ist positiv, für
den Verein und für das sportliche Abschneiden.
Aber trotz der sensationellen Siegesserie, die durch
Punktgewinne in Auswärtsspielen unterstützt
wird, scheinen in Essen einige (viele) Fans nicht
wirklich befriedigt zu sein. Anders ist es kaum zu
erklären, dass bei einem Spielstand von 0:0 gegen
eine der besten Auswärtsmannschaften der Liga
gepfiffen wird. Noch schlimmer: In einer Spielsituation,
kurz nach stürmischem Spielbeginn, spielten sich
Stefan Lorenz und Florian Thorwart den Ball fünf,
sechs Mal hin und her, um somit für mehr Ruhe
zu sorgen und vielleicht auch die Zehner-Abwehr der
Berliner aus der Reserve zu locken. Das Publikum,
vornehmlich auf der Haupttribüne, nahm dies zum
Anlass, jeden Querpass hämisch zu bejubeln.
Was bringt dieses Verhalten? Nichts, zumindest nichts
positives. Florian Thorwart spielte den Ball total
verunsichert mehrmals in Aus und auch der sonst so
sichere Stefan Lorenz (einer der besten Abwehrspieler
seit Jahren in Essen) verlor öfter Zweikämpfe
als gewohnt.
Um es drastisch auszudrücken und vielleicht endlich
einmal auch den letzten Träumer aufzuwecken:
Würde ich bei RWE spielen, fühlte ich mich
verarscht. Ein Abwehrspieler im Spielaufbau ist abhängig
von seinen Anspielstationen. Sind diese gedeckt, hat
er die Möglichkeit den Ball weiterzugeben, um
somit wenigstens ein wenig die gegnerische Mannschaft
zur Bewegung zu animieren. Dass dabei ein weiterer
Abwehrspieler die einzige Anspielstation ist oder
alternativ auch der Torhüter ins Spiel einbezogen
wird, dürfte jedem einleuchten.
Viele Fans wissen nicht, wie moderner Fußball
aussieht. Dieser ist ergebnisorientiert. Schaut euch
doch einmal die Spiele unseres Rekordmeisters an.
Bis auf wenige Ausnahmen wird versucht, das einzig
Wichtige zu erreichen: Drei Punkte!
Wir sollten der Mannschaft das Gefühl geben,
hier ein wirkliches Zuhause zu haben. Es ist schon
verwunderlich, dass zwölf Heimsiege in den letzten
Wochen erreicht wurden, obwohl die Spieler nicht nur
einmal das Heim vermissten...
...machen wir nur weiter so, bis der erste Spieler
sich im stillen Kämmerlein fragt: Wofür
das Ganze hier eigentlich?!
Thorsten
Pydde
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