Vorbericht: 30. Spieltag | FC Erzgebirge Aue - Rot-Weiss
Essen
Verkehrte Welt auch in Aue?
Einschließlich der Hinrunde der aktuellen
Saison waren es ausschließlich die Heimspiele,
die RWE Punkte garantierten. Doch seit dem grandiosen
5:0 über Köln hat sich das Blatt komplett
gewandelt. Drei Heimspiele und nur zwei Punkte, dafür
aber drei Siege in vier Auswärtsspielen!
Dabei
zeigt sich allerdings wieder einmal mehr als deutlich,
wo die Probleme der Essener diese Saison sind. Im
Mittelfeld fehlt der Spielgestalter, auf den Außenbahnen
wechseln tagesformabhängig Licht und tiefster
Schatten. Zwischen Mittelfeld und Sturm klafft ein
Loch, welches durch hohe Bälle kaum einmal effektiv
überwunden wird. Und obwohl dies schon lange
bekannt ist, sind es doch immer wieder eben diese
hohen Bälle, die in jedem Spiel zu sehen sind
und nicht den erhofften Erfolg bringen.
Klar, Lorenz-Günther Köstner hat geschafft,
was unter Neuhaus nicht unbedingt der Fall war. Er
hat uns Fans die Hoffnung auf den Klassenerhalt zurückgegeben.
Dennoch bleiben einige Fragen offen.
Beispiel Mittelfeld: Die Problemzone offensives Mittelfeld
soll seit Köstner hauptsächlich durch Baris
Özbek behoben werden. Zugegeben, er hat das Zeug
dazu. Doch er ist eben auch noch in einer Lernphase
und schlechtere Spiele wie gegen Unterhaching sind
dadurch vorhersehbar. Licht und Schatten eben, die
bei einem solch jungen Spieler vollkommen normal sind.
Abgesichert wird Özbek zumeist von Victor Hugo
Lorenzon und Barbaros Barut, die beide ihre Sache
insgesamt sehr gut machen. Warum aber wurde beim Spiel
gegen Unterhaching trotz der offensichtlichen Probleme
bei Özbek dieser nicht ausgetauscht? Lorenzon
und Barut ist durchaus zuzutrauen, einen offensiveren
Part zu spielen, ein Stefan Lorenz ist jederzeit zuverlässig
genug, dann nach hinten abzusichern. Oder was ist
zum Beispiel mit Mac Younga-Mouhani, der nach einem
tollen Saisonbeginn unter Neuhaus mit vielen Wehwehchen
und wenig Einsatzzeit zu kämpfen hat?
Beispiel
Außenbahn: Pascal Bieler steckt seit einigen
Wochen in einem Tief, spielt nicht mehr so effektiv
wie zuvor. Ferhat Kiskanc ist immer bemüht, aber
manchmal eben auch tagesformabhängig. Die Fragen,
die sich stellen: Was ist mit einem Dennis Epstein,
der nach seiner Verpflichtung im Winter in den ersten
Spielen eine sehr gute Leistung zeigte und mit seinem
Tor im ersten Spiel in Freiburg auch seinen Torriecher
unter Beweis stellte? Was ist mit einem Holger Wehlage,
der sich an guten Tagen bis an die Grundlinie durchtanken
kann und dessen Flanken dann oft gefährlich sind?
Epstein scheint nicht verletzt zu sein, muss nicht
gerade in unserer Situation ein solcher Mann hilfreich
sein? Und ist Holger Wehlage noch nicht fit genug
für 90 Minuten?
Klar müssen die Spieler, die auf dem Platz stehen,
kämpfen können, um das vorhandene spielerische
Defizit auszugleichen. Aber reicht kämpfen alleine
aus, um vorne Tore zu erzielen?
RWE hat also weiterhin Probleme, eine kompakte Abwehr
auseinanderzuspielen. Diese erklären vor allem
die Heimspiele, in denen der Gegner oftmals hinten
sicher steht und Essen nichts einfällt, um die
Abwehr zu knacken. Außer hohe und lange Bälle
eben. Das ging gegen Offenbach, die Sechziger und
auch Unterhaching meistens schief. Nur mit Glück
konnten in den drei Heimspielen überhaupt zwei
Punkte geholt werden, cleverere Mannschaften hätten
keine große Mühe gehabt, die drei Punkte
gegen RWE einzufahren.
Anders sieht es auf dem ersten Blick bei den Auswärtsspielen
aus. Neun Punkte aus vier Spielen, das ist eine super
Ausbeute. Doch genauer betrachtet sind auch hier die
Probleme erkennbar. Braunschweig war auch gegen uns
einfach zu schwach, Karlsruhe rannte in blinder Siegeserwartung
nach vorne und kassierte dann die Tore und in Koblenz
musste ein doch eher glückliches Tor herhalten,
sonst wäre das Spiel wohl torlos ausgegangen.
Diese letzten Spiele in
der Gesamtheit zeigen, dass es auch in den nächsten
und entscheidenden fünf Spielen turbulent bleiben
wird und es für jedes Team unten ein sehr schmaler
Grat ist zwischen Klassenerhalt und Abstieg. Wir müssen
auch weiterhin alle kräftig an einem Strang ziehen,
um unser großes Ziel zu erreichen!
Unser kommender Gegner aus Aue hatte in seiner Gründungszeit
ebenfalls viele Turbulenzen durchzustehen. 1945 durch
vom Krieg heimkehrende Soldaten gegründet, folgten
in der Zeit bis 1963 einige Namens- und auch Standortänderungen.
Von SG Aue über BSG Pneumatik Aue und Zentra
Wismut Aue wurde der Verein 1954 ins heutige Chemnitz
(Karl-Marx-Stadt) verlegt und hieß fortan SC
Wismut Karl-Marx-Stadt. Dies wurde notwendig, weil
die damalige Vereinsführung geschäftlich
nach Chemnitz gehen musste. Die Spieler allerdings
wollten den Umzug nicht mitmachen und nach einigen
Protesten wurde beschlossen, dass die Heimspiele weiterhin
in Aue stattfanden. 1963 kam die Vereinsführung
ebenfalls zurück nach Aue und so wurde der Name
wieder in BSG Wismut Aue geändert. Die Wiedervereinigung
1990 machte eine erneute Namensänderung in FC
Wismut Aue erforderlich, bevor 1993 der heutige Name
FC Erzgebirge Aue entstand. Den Beinamen Die
Veilchen bekam der Verein übrigens 1966
aufgrund der lilafarbenen Trikots, die bis heute Bestand
haben.
Die sportlich erfolgreichste Zeit kam für Aue
kurz nach den großen Erfolgen von RWE. In den
Jahren 1956, 1957 und 1959 konnte dreimal die DDR-Meisterschaft
gefeiert werden. Die Teilnahme am europäischen
Landesmeisterwettbewerb war die jeweilige Folge daraus.
1958/1959 erreichte man hier das Viertelfinale, in
dem man knapp und erst in einem dritten Entscheidungsspiel
an den Young Boys Bern scheiterte. 1955 wurde Aue
zudem Pokalsieger. Doch in den folgenden Jahren dümpelte
Aue nur noch zwischen Mittelfeld und Abstiegszone,
erst 1985 und 1987 konnte man sich durch Erreichen
des UEFA-Cups noch einmal auszeichnen. Beide Male
schieden die Veilchen allerdings frühzeitig aus.
Insgesamt spielte Aue 39 Jahre in der höchsten
Klasse der DDR und damit so viel wie kein anderes
Team. Die Ausscheidungsspiele für die zweite
Liga im Zuge der Wiedervereinigung wurden knapp verpasst
und so musste Aue sich erst von der Oberliga langsam
nach oben spielen.
Den Aufstieg in die zweite Bundesliga schafften die
Erzgebirgler dann 2003 und erreichten seitdem einmal
den achten und zweimal den siebten Tabellenplatz.
Durch eine solide Arbeit sind die Veilchen eine der
wenigen schuldenfreien Vereine.
Doch genug der Vergangenheitsbewältigung, blicken
wir nach vorne. Am Freitag gilt es, die zuletzt gezeigten
Auswärtsleistungen zu bestätigen. Die momentane
Heimschwäche zwingt RWE, dann eben auswärts
zu punkten. Und mit Aue erwartet uns nun ein Gegner,
wie wir uns auf den ersten Blick momentan einen wünschen.
Der Aufstiegszug scheint angesichts von 10 Punkten
Rückstand abgefahren. Bei 42 Punkten droht nach
unten keinerlei Gefahr mehr. Dazu treten die Erzgebirgler
stark ersatzgeschwächt an. Im letzten Spiel sah
erst Stürmer Dimitar Rangelov die gelb-rote,
anschließend noch Abwehrspieler Tomasz Kos die
rote Karte. Damit fehlen Aue zwei sehr wichtige Spieler.
Auch Kapitän Jörg Emmerich und Mittelfeldspieler
Florian Heller fallen aus, Marco Kurth und David Siradze
sind fraglich. Doch geht es für Aue wirklich
um nichts mehr? Wohl kaum! Drei Niederlagen in Folge
sorgen für viel Wut im Bauch, die Fans sollen
endlich wieder einen Dreier bekommen. Angeschlagene
Gegner sind zudem die gefährlichsten und für
die Spieler in der zweiten Reihe geht es gerade jetzt
um Verträge für die kommende Saison. Sie
werden also zeigen wollen, was sie können. Zudem
muss auch RWE auf einige Spieler verzichten. Martin
Hysky ist gelb (5.), Barbaros Barut rot gesperrt,
Alexander Löbe, Stijn Haeldermans, Dimitrios
Grammozis und Paulo Sergio sind noch im Aufbautraining
oder werden zurzeit nicht berücksichtigt.
Aber in den vielen notwendigen Änderungen in
den Startaufstellungen beider Teams liegt auch eine
Chance für RWE. Vielleicht gelingt es ähnlich
wie in Karlsruhe, übermotivierte Veilchen eiskalt
zu überraschen. Drei Punkte in Aue, die dem Nervenkostüm
gut tun würden. Drei Punkte, die wichtig wären,
kommt anschließend doch Hansa Rostock zur bei
weitem nicht mehr uneinnehmbaren Hafenstraße.
(tj)
Bilder: 2. Bundesliga Saison 2004/05 22.01.2005
- Erzgebirge Aue - Rot-Weiss Essen 1:1
.
Informationen für RWE-Fans
Jawattdenn.de
2. Liga-Guide - Erzgebirge Aue
.
Bilanz gegen Aue
2.
Bundesliga
|
Siege
|
Remis
|
Niederl.
|
Gesamt
|
Heim
|
0
|
0
|
2
|
2
|
Auswärts |
0
|
1
|
0
|
1
|
Gesamt |
0
|
1
|
2
|
3
|
Regionalliga
Nord
|
Siege
|
Remis
|
Niederl.
|
Gesamt
|
Heim
|
3
|
0
|
0
|
3
|
Auswärts |
0
|
1
|
2
|
3
|
Gesamt |
3
|
1
|
2
|
6
|
Gesamt
|
Siege
|
Remis
|
Niederl.
|
Gesamt
|
Heim
|
3
|
0
|
2
|
5
|
Auswärts |
0
|
2
|
2
|
4
|
Gesamt |
3
|
2
|
4
|
9
|
|