Vorbericht: 1. Spieltag | 1. FC Kaiserslautern - Rot-Weiss
Essen
Der Mythos gibt sich die Ehre...
...und startet am Freitag gegen den 1.FC Kaiserslautern
auf dem Betzenberg nach einjähriger Abstinenz
in die neue 2.Liga Saison. Essen brodelt, die Ruhe
ist vorbei, der Sturm kommt auf. Rund 3.000 rot-weisse
Pilger werden ihr Team begleiten.
Australien gegen Japan, Italien gegen die USA, Paraguay
gegen Trinidad & Tobago, Saudi-Arabien gegen Spanien
und schließlich Italien gegen Australien. So
lauteten die letzten fünf Pflichtspiele im Fritz-Walter-Stadion.
Und wie kann da eigentlich nur die Fortsetzung lauten?
Ganz einfach: Kaiserslautern gegen Essen. Eine würdige
Fortsetzung, wie wir finden. Die Betzenberg-Festspiele
gehen damit weiter. Dass es gleich zum Saisonstart
eine der interessantesten Auswärtsfahrten dieser
Saison werden wird ist schon ein kleiner Hammer. Kaiserslautern
also. Einer der Favoriten auf einen Aufstiegsplatz.
Doch ob sie es wirklich sind, ist schwer zu beurteilen.
Ein großer Umbruch im Kader sowie viele unbekannte
Neuzugänge lassen zumindest Zweifel aufkommen,
ob es mit den Roten Teufeln sofort wieder
nach oben gehen kann.
Die Zahl der namhaften Abgänge ist lang. Sanogo
wechselte zum HSV, Halil Altintop zog es zu seinem
Bruder nach Herne-Ost, Timo Wenzel und Ingo Hertzsch
zum Liga-Konkurrenten Augsburg. Marco Engelhardt spielt
zukünftig in Nürnberg und Stefan Blank beim
MSV. Skela, Zandi, Mettomo, Lembi, Sforza, Jancker,
Pletsch und einige mehr komplettieren die Liste. An
die neuen Namen müssen sich Fans und Gegner dagegen
erst gewöhnen: Josh Simpson, Ismael Bouzid, Aki
Riihilahti, Ricardo Villar, Moussa Ouattara, Noureddine
Daham oder Nicolas Pavlovich. Dazu kommen einige wenige
bekannte Spieler wie Tamas Hajnal, Aimen Demai, Stefan
Lexa oder Sven Müller. Einen offensichtlichen
Kracher mit Aufstiegsgarantie sucht man jedoch erst
einmal vergeblich. Ob der diese Woche von Trainer
Wolf angekündigte neue Stürmer dies ändern
wird bleibt abzuwarten.
Bei RWE sieht das ein wenig anders aus. Der Stamm
der Aufstiegsmannschaft wurde gehalten, einzig Kapitän
Bilgin verließ den Verein in Richtung Antalyaspor.
Die restlichen Abgänge Gorschlüter, Pappas
und Nachtigall sind hier nur der Vollständigkeit
halber erwähnt. Die Neuzugänge sprechen
teilweise für sich oder sind wenigstens dem Namen
nach bekannt: Thomas Kläsener, Dimitrios Grammozis,
Martin Hysky oder Pascal Bieler versprechen eine gewisse
Qualität und/oder Erfahrung. Mit Paulo Sergio
aus der ersten portugiesischen Liga, Karim Zaza als
neuer Nummer 1 und Daniel Masuch erhofft man sich
ebenfalls eine Qualitätssteigerung.
In den Testspielen der Vorbereitung beider Teams gab
es Licht aber auch ein wenig Schatten: Kaiserslautern
verlor nur eines von zwölf Testspielen, dieses
war jedoch ausgerechnet die Generalprobe gegen OFI
Heraklion (0:1), gegen die RWE im Trainingslager noch
ein 1:1 geschafft hatte. Zuvor gab es Siege gegen
Kirchheim/Teck (4:0) und Stadtwerke Kapfenberg (5:3)
sowie ein 2:2 gegen Trappathäus Salzburg. Wattenheim
(16:0) und eine Auswahl Mittlere Nahe
(11:1) dienten als Aufbaugegner, anschließend
gab es knappe Siege gegen Wehen (2:1), Oggersheim
(3:1) und die Nationalmannschaft des Bahrain (2:0).
Aufhorchen ließ Lautern durch die Siege gegen
Bremen (3:1), Liverpool (3:2) und Winterthur (6:2),
wobei Liverpool noch ohne viele WM-Fahrer antrat.
Erfolgreichste Torschützen in der Vorbereitung
waren Ziemer mit 9 Treffern, gefolgt von Hajnal (5).
Alleine zehn Tore in zwei Spielen erzielte Testspieler
Harbaoui, der jedoch nicht verpflichtet wurde. Der
mittlerweile zum HSV gewechselte Sanogo kam auf sechs
Treffer.
Rot-Weiss Essen absolvierte die Testspielphase ebenfalls
einigermaßen gut, obwohl bewusst starke Gegner
gewählt wurden. Siege gegen Mintard (12:1), SW
Essen (2:0), Schonnebeck (4:0), RWO (1:0) und eine
Begatal-Auswahl (7:0) folgten allerdings mit dem 0:5
gegen Bremen und dem 1:3 gegen RW Ahlen zwei ganz
schwache Spiele. Erst gegen den griechischen Erstligisten
OFI Heraklion platzte der Knoten und RWE zeigte beim
1:1 wieder besseren Fußball. Abgeschlossen wurden
die Testspiele mit einem 2:1 gegen Borussia Mönchengladbach
und einem 0:1 gegen Athletic Bilbao.
Nun geht es also endlich los, die Punktspielpause
war für uns Fans wie immer viel zu lang, auch
wenn die WM es nicht so vorkommen ließ. Was
erwartet uns also nun im ersten Saisonspiel? Großes
Plus für RWE könnte die Eingespieltheit
sein. Wenn, ja wenn nicht ausgerechnet zum Saisonauftakt
mit Haeldermans und Paulo Sergio zwei ganz wichtige
Spieler ausfallen würden. So muss Essen neben
dem Einbauen der Neuzugänge in der Abwehr auch
im Mittelfeld gleich zu Beginn variieren. Und auch
im Sturm gibt es Verletzungssorgen: Neben Haeldermans
und Paulo Sergio wird auch Arie van Lent die Reise
nach Kaiserslautern nicht antreten.
Zweites Plus könnte die Erfahrung sein. Bei Lautern
haben ganze drei Spieler (Demai, Lexa und Sven Müller)
im Kader Zweitliga-Erfahrung und kommen auf insgesamt
148 Spiele und 18 Tore. Diese Quote toppt alleine
schon Younga-Mouhani mit 167 Spielen und 38 Toren.
Auch Arie van Lent ist mit 135 Spielen und 65 Toren
in der Zweiten Liga vermutlich erfahrener als der
komplette Kader des 1. FCK. Insgesamt kommt der RWE-Kader
auf 918 Spiele und 155 Tore in der Zweiten Liga, also
das Sechsfache an Spielen und gar Neunfache an Toren.
Rechnet man die ausgemusterten Langerbein und Ristau
mit ein sind es sogar 1.189 Spiele und 166 Tore. Und
selbst bei der Erfahrung in Bezug auf Bundesliga-Spiele
liegt Essen vorne, so merkwürdig das auch klingen
mag. 476 Erstligaspiele bei 41 Toren stehen hier im
RWE-Kader zu Buche, Kaiserslautern kommt da nur auf
338 Spiele und ganze 6 Tore.
Lange Zeit galt der Betzenberg als Festung auf einem
uneinnehmbaren Berg. Unzählige Spiele drehten
die Roten Teufel noch nach Rückstand. Die Fans
im Rücken veranstalteten regelmäßig
ein Heidenspektakel. Doch diese Zeiten scheinen vorbei,
aus dem Berg wurde ein Hügel. War der erste Absturz
in die Zweitklassigkeit 1996 noch als Betriebsunfall
akzeptiert, zumal nach dem direkten Wiederaufstieg
mit Otto Rehagel direkt der Durchmarsch zur Meisterschaft
geschafft wurde, so wird dieser zweite Abstieg und
die Jahre davor einiges an Kredit gekostet haben.
Der Betzenberg ist immer noch eine Festung, aber sie
bröckelt. Und uneinnehmbar ist sie schon lange
nicht mehr. Letzte Saison gab es nur fünf Heimsiege
bei fünf Unentschieden und sieben Niederlagen.
Das ist eine deutliche Sprache. Die Auswärtsbilanz
von RWE letzte Saison dagegen liest sich um einiges
schöner: Acht Siege, sechs Unentschieden und
nur vier Niederlagen.
So schön sich die Fakten aber auch präsentieren,
so dürfen wir nicht vergessen, dass Lautern letzte
Saison Bundesligist war und RWE nur Regionalligist.
Trotzdem machen diese Fakten Mut, eventuell einen
oder gar alle drei Punkte vom Betzenberg mitzunehmen.
Unmöglich ist es jedenfalls nicht. Gleich zu
Beginn wartet eines der wichtigsten Spiele der Saison,
gültig für beide Teams. Wie wichtig der
Start ist haben wir vor zwei Jahren gesehen, als der
Zweitligaauftakt beim Heimspiel gegen Aue gleich mit
1:5 in die Hose ging. Doch diesmal ist es anders.
Die Erwartungshaltung ist nicht die gleiche wie damals.
Kein schon im Vorfeld gewonnenes Heimspiel gegen Mittelmaß,
sondern ein Auswärtsspiel bei einem Großen
der Liga. Und genau das könnte ein weiterer Punkt
für einen erfolgreichen Saisonstart sein. Der
Sieger ist jedenfalls seinem Ziel ein Stückchen
näher, der Verlierer könnte schon nach einem
Spiel nervös werden. Dies gilt jedoch deutlich
mehr dem 1. FCK als Rot-Weiss Essen. RWE braucht nur
40-42 Punkte. Und die müssen gegen die Abstiegskonkurrenten
geholt werden, nicht unbedingt auf dem Betzenberg.
Was natürlich nicht heißt, dass wir uns
gegen ein paar Zugabepunkte wehren würden. Der
Druck liegt aber eindeutig beim Heimverein.
Voraussichtliche Aufstellungen:
1. FC Kaiserlautern
Macho S. Müller, Beda, Outtara, Schönheim
Demai, Riihilahti, Hajnal, Reinert Daham,
Pavlovich (Ziemer)
Rot-Weiss Essen
Zaza Bieler, S. Lorenz (Hysky), Kläsener,
Bemben Lorenzon, Grammozis, Wehlage, Kiskanc
Löbe, Boskovic
(tj)
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