Spielbericht: 2. Bundesliga | SC Freiburg - Rot-Weiss
Essen 3:1 (0:0)
Schweigen im Schwarzwalde,
machte
sich nach Ablauf von gut 90 Minuten im Dreisam-Stadion
unter den RWE-Fans breit. Erneut musste ein Auswärtsauftritt
nach dem Motto Außer Spesen nix gewesen
abgehakt werden. Beim wichtigen Spiel in Freiburg
zog Essen völlig verdient mit 1:3 den Kürzeren
gegen eine vor allem spielerisch deutlich dominante
Freiburger Mannschaft.
Aber auch in kämpferischer Hinsicht hatte es
diesmal den Anschein, dass nicht alle Akteure 100
Prozent ihres Einsatzvermögens abriefen. Oder
man muss sich einfach eingestehen, dass bei einigen
derzeit ihre Überforderung schonungslos aufgedeckt
wird. Diejenigen, die aus Essener Sicht den Gastgebern
Dampf machten, waren leider nur die mitgereisten Fans,
die lange Zeit mit Nonstop-Gesängen ihre Präsenz
auf den Rängen untermauerten. Die Freiburger
Fankurve verlängerte die Schweigeminute für
den verstorbenen DFL-Vorsitzenden Werner Hackmann
jedoch bis weit in die zweite Hälfte hinein.
Doch der Reihe nach.
Einigen RWE-Fans verging schon vor dem Anpfiff im
malerischen Breisgau die gute Laune. Ein wahrhaftes
Possenspiel um angeblich gestohlene Karten brachte
diversen Essenern einen Kurzaufenthalt bei der Polizei
ein. Dabei waren die Tickets zum größten
Teil auf der RWE-Geschäftsstelle erworben worden.
Sie trugen allerdings keinen Stempel des SCF, was
die Ordner dazu veranlasste, diese Karten für
unrechtmäßig erworben zu halten. Noch vor
Spielbeginn klärte sich die unschöne Angelegenheit.
Die Hoffnung der zu Unrecht Verdächtigten, dafür
mit einem schönen RWE-Spiel entschädigt
zu werden, verflüchtigte sich aber bald.
Mit
Denis Epstein und Solomon Okoronkwo präsentierten
die Rot-Weißen beide bisherigen Winterneuzugänge
in der Startelf. Zudem sorgten die Nominierungen von
Baris Özbek, Pascal Bieler und Serkan Calik dafür,
dass die Rot-Weissen mit gleich fünf Akteuren
zwischen 19 und 22 Jahren aufliefen. Sollte das der
zuvor als Rentner-Team verspotteten Elf
neuen Elan geben?
Zumindest gab es sogleich eine schwungvolle Essener
Anfangsminute mit einer guten Freistoßchance,
die Epstein jedoch in die Abwehrmauer des Gastgebers
setzte. Dann aber spielte nur noch der SCF. Der einzige
Essener, der hellwach war und sich den Gastgebern
entgegenstemmte, war Schlussmann Karim Zaza, der allein
in den ersten 10 Minuten zwei riesige Freiburger Kopfballchancen
in Klassemanier vereitelte. Die hier bereits zu Tage
tretenden Abstimmungsprobleme in der Hintermannschaft
sollten sich wie ein roter Faden durch die gesamte
Partie ziehen und für die Essener noch böse
Folgen haben. Insbesondere im zentralen Mittelfeld
war RWE kaum präsent. Maßlos überfordert
wirkte Baris Özbek. Der U-21-Nationalspieler
hatte im Mittelfeld Mac Younga-Mouhani an seiner Seite,
doch auch der Kongolese fand kaum ins Spiel.
So spazierten die Freiburger in Hälfte Eins wie
das sprichwörtliche heiße Messer durch
die Butter Richtung Essener Strafraum, ohne dass sie
effektiv daran gehindert werden konnten. So unter
Druck gesetzt war auch die sonst so stabile Innenverteidigung
teilweise ein Torso. Auch über Außen schalteten
und walteten die Breisgauer nach Belieben. Weder Stefan
Lorenz auf Rechts noch Pascal Bieler auf Links, der
zudem von einem sehr offensiv daher kommenden Epstein
oft nicht unterstützt wurde, konnten die zahlreichen
Flanken unterbinden. Dass es mit 0:0 in die Pause
ging, hatte RWE, wie schon gesagt, Karim Zaza und
der großen Abschlussschwäche der Gastgeber
zu verdanken. Auf der Gegenseite hatte Denis Epstein
die große Gelegenheit zur Führung, als
er bei RWEs einzig nennenswertem Angriff gut von Mouhani
freigespielt wurde. Doch er ließ sich von Diarra
abdrängen, und anstatt die Kugel mit seinem starken
Linken auf das gegnerische Gehäuse zu jagen,
gab es nur einen Roller mit Rechts, den Walke abblocken
konnte. Ansonsten gab es konzeptloses Langholz, bei
dem einem der unermüdliche Sturm mit Okoronkwo
und Calik nur Leid tun konnte. Dumm auch eine Szene
als der junge Nigerianer Denis Epstein auflegen wollte,
dieser aber in aussichtsreicher Position mit Schiri
Sippel zusammen prallte. Nicht nur in dieser Szene
agierte der Unparteiische aus RWE-Sicht etwas unglücklich.
Hälfte Zwei begann wie Hälfte Eins endete.
Erneut stand ein SC-Spieler nach einem Eckstoß
völlig frei, beförderte
die Kugel aber wieder am RWE-Gehäuse vorbei.
Das Glück schien auch angesichts von 13:1 Ecken
für Freiburg überstrapaziert, die Essener
hofften jedoch auf eine alte Fußballweisheit:
Wer vorne seine Chancen nicht nutzt, wird hinten oft
bestraft. Und in der Tat, die Ruhrpottler wurden mutiger,
ja gar spielbestimmend, über Links brachten Epstein
und Bieler nun gute Aktionen. Auch Freiburg war in
der Defensive nicht sattelfest, wie nun deutlich wurde.
Gute Möglichkeiten für Rot-Weiss waren dennoch
nicht zu verzeichnen. Dann erhitzte eine Szene die
Essener Gemüter: Im Freiburger Strafraum gingen
der eingewechselte Michael Lorenz und ein Freiburger
Gegenspieler zu Boden, der Ball flog jedoch weiter
und wurde von Serkan Calik zum vermeintlichen 0:1
in die Maschen befördert. Sippel hatte jedoch
zuvor auf Foul von Lorenz entschieden. Die TV-Bilder
wiesen das eher als Fehlentscheidung aus. Bitter.
Doch erinnern wir uns, im Hinspiel wurde den Breisgauern
an der Hafenstraße ein vermeintlich reguläres
Tor ebenfalls abgepfiffen.
So kam es, wie es kommen musste. Spielerpersönlichkeiten
wie Coulibaly, Pitroipa und Iashvili auf Essener
Seite sucht man die vergebens - waren häufig
nur durch Fouls zu bremsen. Nach 70. Minuten hieß
es erneut Freistoß für die Gastgeber. Iashvili,
überragender Mittelfeldakteur der Freiburger,
zog die Flanke scharf auf den kurzen Pfosten. Dort
setzte sich der eingewechselte Khizaneishvili gegen
den indisponierten Stefan Lorenz durch und diesmal
zappelte die Kugel im Netz. Wie würden die Gäste
nun reagieren? Hoffnung keimte auf, als Tiarra das
Trikot des eingewechselten Boskovic er war
für Okoronkwo gekommen einem langen Textiltest
unterzog. Der Serbe tankte sich dennoch bis in den
16er vor und kam erst dort zu Fall. Schiri Sippel
gab jedoch nur Freistoß. Erneut zumindest fragwürdig.
Die folgende Szene war bezeichnend. Epstein jagte
die Lederkugel einfach übers Tor.
Nach 74. Minuten dann die Vorentscheidung. Der ebenfalls
eingewechselte Bencik profitierte von einem der unzähligen
Stellungsfehler der Essener Defensive und traf per
Kopf zum 2:0. Essens Bester, Karim Zaza, machte sich
so lang, wie er konnte, es reichte nicht. Erst jetzt
machte sich auf den Freiburger Zuschauerrängen
Feierstimmung breit, der Anhang des Tabellenvorletzten
war bedient. Was folgte, war ein Hoffnungsschimmer.
Im Gefühl des sicheren Vorsprungs zeigte sich
die SCF-Deckung unaufmerksam, Calik verlängerte
das Leder zum völlig frei stehenden Epstein,
der die Kugel im langen Eck versenkte. Fast
stoisch nahm die RWE-Kurve den Treffer auf, wohl auch,
weil die tief stehende Sonne es schwer machte, diesen
überhaupt auf Anhieb zu registrieren. Ganz stumm
waren nun auch wieder Freiburgs Fans. Aber was folgte,
war eine Art rot-weiße Bankrotterklärung.
Obwohl noch über 10 Minuten zu absolvieren waren,
brachte RWE die Gastgeber nicht mehr in Schwierigkeiten,
im Gegenteil, schnell fiel das 3:1 durch Pitroipa,
der mit seinen Gegenspielern unbehelligt am RWE-Fünfmeterraum
(sic!) tanzen konnte und das Leder mit Urgewalt im
Kasten versenkte.
Nach diesem Auftritt muss man einfach sagen, die Hoffnung
stirbt zwar zuletzt, doch Essens Klassenerhalt scheint
nur noch graueste Theorie zu sein. Ob der noch kurzfristig
aus Fürth verpflichtete Barbaros Barut, seines
Zeichens Mittelfeldspieler, die zu Tage tretenden
Qualitätsmängel beheben kann, erscheint
sehr fraglich.
Trainer Lorenz Günther Köstner bilanzierte
dennoch, dass er nicht aufgeben werde, weil der Wille
erkennbar sei. Nun, der Mann ist Berufsoptimist. Die
nüchternen Zahlen: Die Punktausbeute des neuen
Trainers ist rechnerisch bereits schlechter als die
von Uwe Neuhaus. Dieser holte aus elf Partien neun
Punkte, was einen Schnitt von 0,82 ausmacht. Mit fünf
Zählern aus jetzt sieben Matches liegt Köstner
bei 0,71 Punkten. Auch in punkto Durchhalteparolen
nähert sich Köstner seinem Vorgänger
an. Aussagen nach dem Motto, der Wille sei da, sind
altbekannt und nicht mehr dazu geeignet, Hoffnung
aufkeimen zu lassen. Nach gut zwei Monaten Trainingsarbeit
darf man sich fragen, was insbesondere bei Standards,
die vorne wie hinten schwach sind, getan worden ist.
Nur die Stadt Freiburg war diese Reise wert. RWE ist
übrigens mittlerweile auch Rekordhalter in Bezug
auf die längste Auswärtsserie ohne Sieg
in Liga Zwei. Traurig genug.
(sm)
.
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SC Freiburg
Walke - Schwaab, Mohamad, Diarra (68. Khizaneishvili),
Ibertsberger - Riether, Antar, S. Coulibaly - Matmour
(58. Bencik), Iaschwili, Pitroipa (89. Aogo)
Rot-Weiss Essen
Zaza - S. Lorenz, Kläsener, Hysky, Bieler
Özbek - Bemben (74. Wehlage, Younga-Mouhani (46.
M. Lorenz), Epstein - Calik, Okoronkwo (63. Boskovic)
Tore
1:0 Khizaneishvili (70.), 2:0 Bencik (74.), 2:1 Epstein
(82.), 3:1 Pitroipa (88.)
Zuschauer
10.500
Schiedsrichter
Sippel (München)
Gelbe Karten
Mohamad, Riether Hysky, Özbek
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..... |
Spieler des Spiels
Jawattdenn Spielerbewertung
Zaza |
3+
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Bieler |
4+
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Hysky |
4+
|
Kläsener |
4-
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St. Lorenz |
4+
|
Bemben |
4-
|
Özbek |
5+
|
Mouhani |
5+
|
Epstein |
3-
|
Calik |
4+
|
Okoronkwo |
4+
|
M. Lorenz |
3+
|
Boskovic |
4-
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