Spielbericht: 2. Bundesliga | FC Hansa Rostock - Rot-Weiss
Essen 2:0 (1:0)
Im Osten nichts Neues
Die Experten waren sich vor dem Spiel einig: "RWE
wird hinten kompakt stehen und sein Heil in Kontern
suchen", erläuterten unisono der Arenamann
und Rostocks Trainer Pagelsdorf vor dem Spiel.
Kontern? Ja, wie denn, was denn, womit denn, fragte
sich der RWE-Fan und rieb sich verwundert die Augen.
Denn vorne bot sich das altbekannte Bild: Kapitän
Löbe in vorderster Front, dahinter zwei Außenstürmer,
diesmal Wehlage und Kiskanc. Den Mouhani-Part im offensiven
Mittelfeld erfüllte diesmal Haeldermans vor den
Abräumern Lorenzon und Stefan Lorenz.
Die Geschichte dieses Spiels ist schnell erzählt.
Eigentlich ist es die Geschichte, die man schon kennt.
Es ist die Geschichte vom Murmeltiertag. Oder von
der Auswärtspleite. Und sie geht so:
RWE in den ersten 20 Minuten stark, dann der Schock
durch ein unerwartetes und unverdientes Gegentor,
danach viel Kampf und noch mehr Krampf, kaum Aktionen
nach vorne und wenn doch, dann vergibt Löbe die
Chance. Die Außenbahnen werden kaum genutzt,
nach vorne geht es immer nur lang und weit, wobei
der Ball meist viel schneller ist als der Essener.
Irgendwann in der zweiten Hälfte bekommt der
Gegner eine Standardsituation im eigenen Strafraum,
der Ball wird nicht weit genug geklärt, ein Gegenspieler
ballert aus 30 Metern einfach mal drauf, Tor, danke
für die Gastfreundschaft, Feierabend, Rückreise.
Im Osten nix Neues.
So weit die Geschichte.
Dass RWE tatsächlich mal eine Zeitlang ansehnlichen
Fußball mit netten Kombinationen spielte und
teilweise auch kämpferisch zu überzeugen
wusste, mag auf das klassische Phänomen der "großen
Gegner" oder auf den neuen Trainer zurückzuführen
sein. Doch was nutzt das, wenn das Grundproblem bleibt:
Die Mannschaft verliert ihre Spiele durch individuelle
Fehler und gewinnt sie vor allem aufgrund der fehlenden
Klasse im Mittelfeld und im Sturm nicht.
Der Unterschied zwischen potenziellem Aufsteiger und
potenziellem Absteiger macht sich an Nuancen deutlich:
Wo Kläsener (9.) und Löbe (22.) in der Sturm-
und Drang-Phase der ersten Halbzeit noch per Kopf
verfehlen, hält der Rostocker Bülow in der
27. nur kurz den Scheitel in den Freistoß von
Yemen, schon ist Zaza machtlos. Und die Essener Hintermannschaft
wundert sich, wo Bülow so ungedeckt herkam. In
Moment, als die potenzielle Gefahr bemerkt wird, muss
der heraneilende Stefan Lorenz sogar noch Kläsener
samt Gegenspieler umkurven, was den Laufweg um entscheidende
zwei Meter verlängert.
Zweites Beispiel. Nach einer Ecke, die Hysky in der
56. Minute eigentlich schon geklärt hatte, schnappt
sich Marc Stein das Leder und donnert es aus 30 Metern
unhaltbar für Zaza in den Winkel. Keine drei
Minuten später schnappt sich auf der Gegenseite
Holger Wehlage das Leder und donnert es aus ähnlicher
Distanz unhaltbar für Schober in den Rostocker
Abendhimmel.
Nun braucht keiner behaupten, Stein sei ein um Klassen
besserer Fußballer als Wehlage. So einfach ist
die Sache dann doch nicht. Die oben beschriebenen
Szenen machen vielmehr deutlich, dass zwischen Erfolg
und Misserfolg nur ein schmaler Grat liegt. Und dass
sich auch beim Fußball vieles im Kopf abspielt.
Dennoch: Neben dem nötigen Quäntchen Glück
braucht man Qualität, um in der zweiten Liga
zu bestehen. Und einmal mehr zeigte sich, dass es
bei RWE besonders in der Offensive mangelt. Weder
Löbe, noch Haeldermans, Wehlage und erst recht
nicht Kiskanc waren heute in der Lage, Akzente zu
setzen. In der Winterpause wird hier nachgebessert
werden, keine Frage. Bis dahin muss man versuchen,
wenigstens ab und an mal eine der seltenen Chancen
zu verwandeln.
Ein Sonderlob muss an dieser Stelle Karim Zaza ausgesprochen
werden. Der oft gescholtene Torhüter aus Dänemark
hatte zwar wieder einmal seine liebe Not mit hohen
Bällen, war dafür aber auf der Linie und
beim Herauslaufen bärenstark. Ein ums andere
Mal vereitelte er beste Rostocker Chancen. Bei ihm
können sich die Essener bedanken, dass die fast
unvermeidliche Auswärtsniederlage nicht noch
höher ausfiel.
(thm)
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FC Hansa Rostock
Schober - Bülow, Madsen, Gledson, Stein - Beinlich
- Shapourzadeh (84. Schied), Yelen, Rahn (90. Hartmann)
- Cetkovic (80. Wagefeld), Kern
Rot-Weiss Essen
Zaza - Bemben, Kläsener, Hysky, Bieler - Lorenzon,
S. Lorenz - Wehlage, Haeldermans (66. Paulo Sergio),
Kiskanc (75. Calik) - Löbe (83. Nikol)
Tore
1:0 Bülow (27.), 2:0 Stein (56.)
Zuschauer
17.000
Schiedsrichter
Frank (Hannover)
Gelbe Karten
Bülow, Stein - Kiskanc, S. Lorenz, Kläsener
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Spieler des Spiels
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