Spielbericht: 18. Spieltag | Erzgebirge Aue - Rot-Weiss Essen

Das erste Spiel der Rückrunde führte den Tabellenletzten der zweiten Liga in das Erzgebirge. Mancher RWE-Fan wird sich noch daran erinnern, dort vor etwa 3000 Zuschauern Regionalliga-Spiele gesehen zu haben. Die Zeiten ändern sich aber, und in der Saison 02/03 stieg Aue zusammen mit dem VfL Osnabrück in die zweite Liga auf, während die Roten zum zweiten Mal in Serie den dritten Platz belegten. Nachdem man in der darauffolgenden Saison den Aufstieg als Tabellenerster schaffte, war der erste Gegner in der zweiten Bundesliga eben jenes Aue und man verlor zu Hause mit 1:5.

Mit dem Rückspiel hat sich der Kreis vorerst geschlossen - noch weiss keiner, ob man die Auer in der nächsten Saison wieder besuchen darf oder nicht. Auch wenn es wohl überzogen wäre, von einem traumatischen Ereignis zu sprechen, waren sicherlich viele Anhänger der Essener bis aufs äusserste gespannt, wie sich die Mannschaft im ersten Spiel präsentieren würde. Immerhin wurden neue, für unsere Verhältnisse namhafte, Spieler verpflichtet und mittlerweile liest sich der Kader des Tabellenletzten wie der einer Mannschaft, die mindestens um einen einstelligen Tabellenplatz in der zweiten Liga mitspielen könnte.

Im ziemlich verschneiten Aue angekommen konnte man sich davon überzeugen, dass sich auch in Aue die Zeiten gewandelt haben: Ganze 11.400 Zuschauer wollten das Spiel sehen, davon ca. 400 mitgereiste Essener Fans, die ihre Mannschaft mit Schwenkfahnen, Doppelhaltern und einem vor dem Block gespannten Transparent empfingen. Von den Fans wurde der Mannschaft und den Verantwortlichen die Frage nach dem "quo vadis" gestellt, stand doch in grossen, weissen Lettern auf rotem Grund das Wörtchen "Absteigen", gefolgt von einem Fragezeichen darauf.

Im Schneegestöber kam das Spiel wenig in Gang, die erste Chance verbuchte - wie sollte es bei einem Auswärtsspiel von RWE anders sein - der Gastgeber. Erst um die 40te Minute herum wurde Rot-Weiss überhaupt vor dem Tor gefährlich, Goldbaeks Flanke setzte die Auer Abwehr unter Druck und so blieb es beim 0-0. Mit der Schlussminute wurde Rene Renno in kurzer Zeit zweimal geprüft, aber er konnte den Kasten vorerst "sauberhalten". Mit einem 0:0 ging es in die Halbzeitpause.

Nach dem Anpfiff beantworteten sich die Fans ihre Frage aus der ersten Halbzeit selber, und das mit der für "Ruhrpottmenschen" typischen Direktheit: "Arschlecken!" prangte vor dem Block, von Auer Seite gab es irgendeine ziemlich misslungene Anspielung auf die Freundschaft der Ultras Essen mit den gleichnamigen Chemnitzer Ultras. Warum man eine Ultras Düsseldorf-Fahne über der eigenen präsentieren und dann auf einem Transparent mitteilt, dass alles ausser Aue"scheisse" sei, entzieht sich der Kenntnis des Schreibers.

Die Mannschaften dürften sich über diese Fragen keine Gedanken gemacht haben, das Spiel ging erstmal genau so weiter, wie es vor der Unterbrechung gewesen war: Beide Mannschaften relativ ungefährlich, aber, um im Reporterdeutsch zu bleiben, Aue mit leichten Vorteilen. Doch dann das Unerwartete: Aue spielte in der 54. Minute auf Abseits, was nicht funktionierte, Goldbaek auf Foldgast, Foldgast uneigennützig auf Kioyo - und siehe da: es steht 0:1! Freudentaumel im Gästeblock, es sah gut aus. Stand etwa der erste Auswärtserfolg der laufenden Saison an, und das ausgerechnet in Aue, die uns im Hinspiel so vorgeführt hatten? Die zweite Liga schien Rot-Weiss Essen auf einmal doch wieder zu wollen.

Verständlicherweise erhöhte Aue nun den Druck auf das Tor von Rene Renno, der einmal mit einigen guten Paraden zeigte, dass er die unangefochtene Nummer Eins im Tor ist. RWE wäre aber nicht RWE, und das vor allem nicht in dieser Saison, wenn nicht noch irgendwas schiefgehen würde. Und so kam es dann natürlich auch: Schlampiges Abspiel von Sidney, schneller Konter der Lila-Weissen über links, Flanke auf den Ex-Kölner Sebastian Helbig, dieser steht frei und nickt ganz lässig zum 1:1 ein. Das Zittern, was auf diesen fast schon absehbaren Ausgleich folgte, kann sich jeder vorstellen, der diese Saison schon Spiele wie gegen Frankfurt und Köln zu Hause oder auswärts in Fürth gesehen hat.

Immerhin war die Abwehr diesmal sicher genug, um nicht auch noch den Siegtreffer der Auer zuzulassen. So konnte man aus Aue einen Punkt mitnehmen und selbstverständlich gingen und gehen die Meinungen, ob man einen Punkt gewonnen habe oder zwei verloren, weit auseinander. Wie weit die Mannschaft wirklich ist, wird sich erst in 4, 5 Spielen sagen lassen. Darum wartet jeder gebannt auf Freitag, wenn die Eintracht aus Trier an der Hafenstrasse gastiert. (dk)

Tore

0:1 Francis Kioyo (54.)
1:1 Sebastian Helbig (82.)

Erzgebirge Aue

Bobel, Kos, Heidrich, Emmerich, Kurth, Curri (75. Shubitidze), Rehm, Günther, Trehkopf, Juskowiak (K / 64. Helbig), Demir (75. Kunze)

Rot-Weiss Essen

Renno - Sidney (90. Larsen), Haastrup, Ristau, Ernst - Wedau, Kaluzny, Goldbaek (K / 69. Bilgin), Gaede - Foldgast (73. Koen), Kioyo

Gelbe Karten

Curri (Aue)
Gaede, Goldbaek (Essen)

Schiedsrichter

Hermann Albrecht (Kaufbeuren)

Zuschauer

11.400